Tierfreunde: Ehepaar Thiede päppelt Jungstörche groß

Dieser Storch klappert nicht nur auf seinem Nest, sondern auch an der Haustür. Die blieb allerdings verschlossen, weil Heinrich Thiede den selbstbewussten Gast heimlich von der Hausecke aus beobachtete. Seine Vermutung: "Der Storch kennt sich hier so gut aus, der war auch schon im vergangenen Jahr hier."

Diesmal ist der Storch jedoch mucksch: Als er einflog, saß schon ein anderer Storchenmann auf dem Horst - samt seiner Storchengattin aus dem letzten Jahr. Denn die konnte Thiede anhand ihrer Beringung eindeutig wiedererkennen. Am 29. März war sie samt neuem Partner auf dem Nest, das auf einem alten Baumstamm an der Gülzower Dorfstraße 21 gleich hinter Thiedes Wohnhaus und der Feuerwache steht, eingetroffen. Knapp eine Woche später kam der Ex-Gatte. "Da gab es auf dem Nest aber Rambazamba. Ich hab schon gedacht, das Nest kippt runter. Anschließend haben sie dann auf der Wiese weiter gekämpft", erinnert sich Thiede.

Der neue Liebhaber der Störchin erwies sich als der Stärkere, und der Ex-Gatte musste das Feld räumen. Doch das Glück hielt nicht lange: "Seit dem 1. Juni ist der Storchenvater nicht mehr da", sagt Thiede. Er vermutet, dass der Vogel bei einem Unfall umgekommen ist. Von Bekannten hatte er gehört, dass in diesem Zeitraum in der Nähe von Wiershop ein toter Storch gefunden wurde.

Heinrich Thiede und seine Ehefrau Heike reagierten sofort: "Alleine kann die Storchenmutter die Kleinen nicht groß ziehen." Nach dem Schlüpfen dauert es etwa 14 Tage, bis sich das Gefieder gebildet hat. So lange müssen die Jungstörche von ihren Eltern geschützt und gewärmt werden. "Zeit, um Futter zu sammeln, ist da nicht", sagt Heinrich Thiede, der sich sogleich auf dem Weg machte und bei Elbfischern Fischköpfe und Bauchlappen einkaufte: "Die mögen sie auch, aber am liebsten mögen sie zerkleinerte Schweineherzen."

Im Juni fütterte das Ehepaar nahezu stündlich zu: Die Storchenmutter verließt nur kurz ihr Nest, flog die 15 Meter bis zum Zaun und nahm die Nahrung auf. Dort begegnete sie auch ihrem Ex aus dem Vorjahr. Der zeigte jedoch kein Interesse - weder an ihr noch an den zwei Jungstörchen. Damit es zwischen beiden keinen Stress gibt - und der Alt-Storch nicht wieder an die Tür klopft - richtete Thiede zwei Futterstellen und eine große Wasserstelle ein.

Ein Aufwand, der sich gelohnt hat: Mittlerweile sind die Jungstörche fast so groß wie ihre Muter. Nur der schwarze Schnabel - bei erwachsenen Störchen ist der rot - weist sie noch als "Teenager" aus. Fliegen können sie auch noch nicht. "Manchmal steigt einer schon auf, landet aber gleich wieder im Nest", hat Thiede beobachtet. Er rechnet damit, dass die beiden schon bald ihre ersten echten Flugversuche starten.