Arbeitsschutz: Schleswig-Holstein hat eigene Regeln für teilnehmende Schüler

Die Sitzung des Landtags am vergangenen Montag nutzten CDU und Piratenpartei, um die parteilose Bildungsministerin Waltraud "Wara" Wende zu attackieren. Anlass war ein Bericht der "Lübecker Nachrichten" über den Sozialen Tag am 3. Juli. In einem Schreiben an Schulleiter hatte das Ministerium gemahnt, bei der Aktion die Regeln des Jugendarbeitsschutzgesetzes zu befolgen.

Das verbietet Jugendlichen unter 14 Jahren eine gewerbsmäßige Tätigkeit: Für Schüler unter 13 Jahre sei deshalb eine Beteiligung am Sozialen Tag nur in Form von "Gruppenaktivitäten unter Aufsicht" möglich, 13- bis 14-Jährige dürfen zwar alleine tätig sein, jedoch nur maximal zwei Stunden.

Die Kritik traf jedoch die Falsche: Die E-Mail bezieht sich auf ein Rundschreiben vom März 2012 - Bildungsminister war damals noch der FDP-Politiker Ekkehard Klug.

Eine Regelung, mit der Schleswig-Holstein im bundesweiten Vergleich allein dasteht, wie Jan-Nicholas Vogt (20), Pressesprecher des Vereins "Schüler helfen Leben" bestätigt. Die übrigen Bundesländer orientieren sich an einer Aussage des Bundesarbeitsministeriums, nach der der Soziale Tag keine Arbeit im eigentlichen Sinne sei, sondern der soziale und der pädagogische Zweck im Vordergrund stünden. Dabei wurde der Soziale Tag im Jahr 1998 in Schleswig-Holstein erstmals ausgerichtet.

Allerdings weist der Verein auf seinen "Arbeitsvereinbarungen" auch nicht auf diese Sonderrolle hin. Auch Schulleitern ist offenbar nicht bewusst, dass für den Sozialen Tag im Norden die Regeln des Jugendarbeitsschutzgesetzes gelten. Bei einer Umfrage unserer Zeitung erklärte allein Dr. Jan Rüder, Schulleiter der Alfred-Nobel-Schule in Geesthacht, die Mitteilung des Ministeriums erhalten und an seine Lehrkräfte weitergeleitet zu haben. Warum Rüders Kollege, der Schwarzenbeker Gemeinschaftsschulleiter Andreas Hartung, vergeblich in seinem Postfach nach der E-Mail aus Kiel suchte, erklärt Thomas Schunck, Pressesprecher des Bildungsministeriums: Aufgrund von Nachfragen aus den Schulen habe man im Vorfeld noch einmal eine Erläuterung an die Schulen geschickt - jedoch nur an solche mit einer Oberstufe.

"Wir verbieten die Teilnahme nicht, klären aber über die Rechtssituation auf", sagt Schunck. Das Ministerium wolle verhindern, dass Kinder "am Fließband" stünden oder ohne Versicherungsschutz seien. Völlig in Ordnung sei aber, wenn unter 14-Jährige im Altersheim unter Aufsicht einer Pflegerin singen, bei der Essenausgabe helfen oder Senioren vorlesen. Schunck lobte ausdrücklich die Seniorenresidenz St. Franziskus an der Berliner Straße in Schwarzenbek: Dort werden Schüler der Gemeinschaftsschule am Sozialen Tag die Rollstühle und Rollatoren der Bewohner putzen: "Ein Top-Beispiel."

Dennoch soll es für das kommende Jahr eine neue Formulierung der Regeln geben, so Schunck: "Es gibt immer wieder Klärungsbedarf." Der Verein "Schüler helfen Leben" hat zwar Verständnis für die Besorgnis des Ministeriums bezüglich des Versicherungsschutzes, hofft jedoch auf ein Ende des Sonderregelung, sagt Jan-Nicholas Vogt: "In 15 Jahren Sozialer Tag haben etwa eine Million Schüler an dieser Aktion teilgenommen. Uns ist kein Fall bekannt, in dem es haftungsrechtliche Probleme gegeben hätte."