Lebenshilfe lädt zur Sommerbegegnung

"Inklusion fängt im Kopf an", sagt Hans-Joachim Grätsch, seit 1985 Geschäftsführer des Lebenshilfewerks. Doch das ist manchmal schwierig: Während Integration die Eingliederung von Menschen mit Behinderungen in den Alltag beschreibt, hat Inklusion einen weiter reichenden Ansatz: Es geht darum, Gesellschaft und Umwelt so zu gestalten, dass alle Menschen - ob mit Behinderungen oder ohne - selbstbestimmt ihr Leben gestalten können.

"Wir müssen höllisch aufpassen, dass wir nicht in die falsche Richtung marschieren", warnte Professor Ulrich Hase, Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderungen, vor mehr als 100 Gästen vor einer Entwicklung, die Inklusion als mögliches Vehikel für eine Kostenersparnis sieht. Hase war wie der Inklusionsexperte Professor Gerd Grampp aus Jena und Schwimmerin und Paralympics-Siegerin Kirsten Bruhn Gast der "Sommerbegegnung" des Lebenshilfewerks. "Statt auch zu einem der vielen Neujahrsempfänge einzuladen, haben wir uns entschlossen, künftig im Sommer eine Talkrunde anzuberaumen", sagt Peter Kube, Leiter des vor einem Jahr eröffneten Beruflichen Förderzentrums der Lebenshilfe am Hans-Koch-Ring 13, der erster Gastgeber der Begegnungs-Reihe war.

Die Förderschulen mit eigenen Klassen sind im Land bereits Förderzentren gewichen, die ohne mehr Personal Schüler an "normalen" Schulen künftig "inklusiv" unterrichten sollen. Ähnliche Auswirkungen befürchtet Grätsch auch für die Behindertenwerkstätten. Dabei, so Grampp, sehe die bereits 2008 in Kraft getretene UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ausdrücklich vor, Rehabilitations-Dienste auszuweiten. Gemeint sind damit auch Werkstätten und Einrichtungen, wie sie die Lebenshilfe betreibt. Grampp geht sogar noch weiter: "Einen inklusiven Arbeitsmarkt kann es nicht geben, denn Markt bedeutet Wettbewerb." Wie schwierig das Thema Inklusion auch für das Lebenshilfewerk selbst sein kann, das in diesem Jahr sein 40-jähriges Bestehen feiert, machte unfreiwillig die Moderatorin bei der Talkrunde mit Kirsten Bruhn deutlich: Die Schwimmerin, die bei drei Paralympics Gold gewann, wurde stets mit Nachnamen angesprochen. Sven Ahrens, Werkstatt-Mitarbeiter aus Mölln und Goldmedaillengewinner im Straßenradfahren bei den Special Olympics, den Spielen der geistig Behinderten, war hingegen "nur" Sven.