Kompetenztraining: Jugendliche besuchen Justizvollzugsanstalt Santa Fu und sprechen mit Häftlingen

"Ein Gefängnis kenne ich nur aus Krimis im Fernsehen. Es jetzt live zu erleben, war ganz schön bedrückend", sagt Adrian Miszka. Gemeinsam mit sieben weiteren Jugendlichen, die in der Werkstatt des Ausbildungsverbundes Stormarn/Lauenburg an der Röntgenstraße 18 derzeit eine Lehre absolvieren, hat der 19-jährige Möllner die Hamburger Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel (Santa Fu) besucht.

Der Knastbesuch ist Teil des Konflikttrainings "Eiskalt gegen Gewalt", das der Verein "Gefangene helfen Jugendlichen" anbietet. "Ich kenne den Verein noch aus meiner Zeit als Leiterin einer Produktionsschule in Bad Oldesloe", sagt Werkstattleiterin Andrea Cornels-Jensen. Und weil der Verein gerade ein Preisgeld von der Robert-Bosch-Stiftung erhalten hat, boten sie Cornels-Jensen das Training sogar kostenlos an: Zwölfmal besuchen Ex-Häftlinge die jungen Erwachsenen in Schwarzenbek. Neben dem Besuch in Santa Fu gehört auch noch eine Fahrt in das Frauengefängnis Hannöfersand für die vier Frauen im Kursus zum Programm.

"Unsere Jugendlichen sind nicht kriminell, aber sie haben Lernbehinderungen oder kommen aus einem ungünstigen, sozialen Umfeld", sagt Cornels-Jensen. Die Auszubildenden werden von der Agentur für Arbeit an den Träger vermittelt, weil sie ohne oder mit nur einem schlechten Abschlusszeugnis auf dem ersten Arbeitsmarkt kaum eine Chance hätten.

Binnen zwei Jahren werden die insgesamt 40 jungen Erwachsenen an der Röntgenstraße zum Beikoch, Fachlagerist, Bau- und Metallmaler, Helfer im Gastgewerbe, Verkaufshelfer im Einzelhandel oder Fahrzeugaufbereiter ausgebildet. "Da neben der Berufsschule zur Ausbildung auch Praktika gehören, finden viele danach auch einen Arbeitsplatz", sagt Cornels-Jensen. Vor allem die Fahrzeugaufbereiter sind in Waschanlagen und bei Autohändlern begehrt.

Neben dem künftigen Fahrzeugaufbereiter Miszka hat auch dessen Kollege Tim-René Krohn (18, ebenfalls aus Mölln) Santa Fu besucht. "In einem alten, ungenutzten Zellentrakt hat der Verein seine Räume. Dort wurden wir erst mal für eine halbe Stunde in eine Zelle gesperrt", berichtet Krohn. Während Dominik Blanke, der 19-jährige Geesthachter lernt Beikoch, die Zeit eher als "langweilig" empfand, hat sie beim 18-jährigen Möllner tiefe Spuren hinterlassen: "Ich denke noch immer darüber nach." Kein Wunder, die jungen Männer saßen anschließend mit Häftlingen zusammen. "Wenn Mörder, Vergewaltiger oder Dealer dir raten, einer Schlägerei lieber aus dem Wege zu gehen, hat das eine andere Qualität", sagt Krohn. Das bestätigt auch Ausbilder Klaus Böttcher: "Während die Jungs auf der Hinfahrt noch groß geschnackt haben, war es auf der Rückfahrt ziemlich still."

Ein Fernsehteam des ZDF, das ein Porträt über den Verein "Gefangene helfen Jugendlichen" dreht, hatte die Azubis aus der Röntgenstraße während ihres Besuchs in Santa Fu begleitet. Der Beitrag soll in der kommenden Woche ausgestrahlt werden.