Pflege: Expertin fordert Berufskammer

Dass es rund um die Pflege in Deutschland nicht gut bestellt ist, dafür gibt es einige Anzeichen. So gingen vergangene Woche 1700 Pflegekräfte in Hamburg auf die Straße und demonstrierten für mehr Gehalt. Dazu gibt es infolge einer stetig älter werdenden Bevölkerung bedenkliche Zahlen: Momentan leben 2,4 Millionen Pflegebedürftige in Deutschland. 2030 werden es bereits drei Millionen sein, und 2050 ist die heutige Anzahl nahezu verdoppelt auf vier Millionen Bürger. Doch wer will diese Menschen bei geringer Bezahlung und schwierigen Arbeitsbedingungen künftig noch betreuen?

Eine Frage, die sich auch Maren Berger stellt. Die 45-jährige Pflege- und Gesundheitswissenschaftlerin hielt in der Senator-Seniorenresidenz "St. Franziskus" einen Vortrag zur zukünftigen pflegerischen Versorgung und zur beruflichen Perspektive des Pflegepersonals.

Berger, heute in der Ausbildung tätig, hat Verbesserungsideen für das Tätigkeitsfeld, in dem sie früher 22 Jahre als Krankenschwester arbeitete. Damit der Grundsatz "ambulante vor stationärer Behandlung" aufrecht erhalten werden könne, müsse die Rehabilitation vor den Pflegefall gestellt und somit die "Erhaltung der Ressourcen und Vermeidung von Krankheiten" intensiviert werden. Dazu müsse die politische Ausrichtung der Gesundheitsversorgung umstrukturiert werden. Der Pflegeberuf wird immer anspruchsvoller. Doch die beste Pflegekraft braucht künftig auch Unterstützung: "Ohne Zuarbeit von Akteuren aus dem Lebensumfeld der Pflegebedürftigen, wie zum Beispiel der Familie, kommt die professionelle Pflege nicht aus", weiß Expertin Berger.

2400 Euro Bruttoverdienst

Zweites großes Thema bei der Pflege: die dem Aufwand nicht entsprechende Entlohnung. "Das ist fast schon eine ärztliche Tätigkeit", weiß Berger. In der Praxis reiche es aber gerade einmal für Facharbeiter-Niveau (im Durchschnitt 2400 Euro ohne Zulagen). "Dabei ist die Verantwortung weitaus höher. 31 Prozent der Pflegekräfte tragen sich mit dem Gedanken, den Beruf aufzugeben."

Zentrale Forderung der Norderstedterin ist die Einführung einer Pflegekammer. "Wir haben keine berufsständische Vertretung, die politisch mitwirken kann. Zudem ist die Anzahl an Pflegekräften nicht erfasst. Mit einer Pflegekammer bekämen wir ein Selbstverwaltungsinstrument." Tariflich würden Pfleger allerdings weiter von Ver.di vertreten werden.