Familientradition: Textil-Service geht in dritte Generation - Bild aus alten Zeiten ziert Trafokasten

Helene Rath steht an der Waschmaschine, Ernst Müller holt Wasser aus dem Brunnen und der neu geborene Sohn Jürgen schläft im Kinderwagen - bewacht von Mischlingshund Waldi. So sah es 1936 an der Hamburger Straße 29 aus, wo heute Aldi anstelle des schon lange abgerissenen Fachwerkhauses steht. Das war die Keimzelle der Textilpflege Müller und das idyllische Bild ziert zugleich seit wenigen Tagen den Trafokasten vor dem Familienbetrieb am heutigen Standort an der Grabauer Straße 20.

"Das Bild entstand kurz nach der Firmengründung. Genau genommen sind es drei Bilder, die wir am Computer zu einem zusammengesetzt haben. Ich war schon im Mutterbauch dabei, als die Firma gegründet wurde", erzählt Jürgen Müller, heute Seniorchef des Unternehmens.

Aus Respekt und Dankbarkeit gegenüber seinen Eltern hat Jürgen Müller jetzt bei der Berliner Firma art.efx das Kunstwerk in Auftrag gegeben. Die Künstler arbeiten mit Spraydosen und haben bereits im Auftrag von E.on den Verteilerkasten vor der Alten Meierei mit einer Bauern-Szene und den Container der Kita-Waldgruppe am Sachsenwaldring mit der "Raupe Nimmersatt" gestaltet.

Die aktuelle Szene ist sowohl eine Hommage an die Gründer der Wäscherei, zugleich aber auch ein Stück Stadtgeschichte. Ernst Müller kam aus Freiburg im Breisgau. Er wollte die Gaststätte seiner Eltern nicht übernehmen, machte sich auf dem Fahrrad auf den Weg Richtung Norden, verdingte sich in verschiedenen Berufen, gelangte schließlich nach Lübeck. Dann bekam er Heimweh und wollte zurück. In Schwarzenbek blieb er hängen. In einer Wanderburschenherberge an der Hamburger Straße - dort, wo bis vor einiger Zeit das China-Restaurant Jade war - wollte er eigentlich übernachten, dann wurde das Fahrrad gestohlen und Müller blieb in Schwarzenbek, wo er wenig später Helene Rath kennen und lieben lernte. Das war 1935. Damals gründeten die beiden dann auch gleich neben der Herberge an der Hamburger Straße 29 ihre erste Wäscherei. Schwarzenbek hatte zu dem Zeitpunkt 2200 Einwohner, die erste Kundin war die Bäuerin Möller aus Brunstorf und wenig später kam auch Jürgen Müller auf die Welt. Damit war das Glück perfekt. 1937 reichte der Platz nicht mehr aus, das neue Waschhaus stand an der Uhlenhorst 39. "Das Gebäude gibt es heute noch. Es wird vom Besitzer als Schuppen genutzt", erzählt der 77-Jährige. 1940 musste der Vater in den Krieg, bis 1946 ruhte der Betrieb.

Dann ging es mit Riesenschritten bergauf: "Die Menschen hatten Geld, aber keine Waschmaschinen. Wir haben das Privatkundengeschäft seitdem nie aus den Augen verloren", erzählt der Schwarzenbeker, der als Kind die Wäsche bis Dassendorf und Fuhlenhagen mit dem Fahrrad ausfuhr.

1957 stieg er in den Betrieb ein, 1958 wurde das Firmengebäude an der Grabauer Straße 20 errichtet, das kontinuierlich erweitert und ausgebaut wurde. Seit 2002 ist Matthias Müller als dritte Generation in dem Betrieb, der mittlerweile fast 30 Mitarbeiter beschäftigt und neben Privat- auch viele Großkunden hat. Und dafür eben auch einen eigenen Trafokasten benötigt.