Sozialverband: Aus Angst vor Altersarmut: Beratungsangebot von Astrid Kosiolek boomt wie nie

Ist wirklich jeder zweite Rentenbescheid falsch, wie manche Kritiker behaupten? Völlig abwegig ist die Aussage jedenfalls nicht, meint Astrid Kosiolek. Sie hat täglich mit Menschen zu tun, die von Behörden benachteiligt werden. Kosiolek ist Kreisvorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD) und führt ehrenamtlich den Ortsverband Schwarzenbek.

"Es ist ein Armutszeugnis für die Behörde, wobei da auch nur Menschen sitzen. Und um Fehler aufzudecken, sind wir ja schließlich auch da", sagt Astrid Kosiolek. Ihr Hauptaufgabengebiet ist die Beratung der Mitglieder in sozialrechtlichen Fragen bis hin zur Vertretung vor Sozialgerichten. Entsprechend sei der SoVD bei den Sachbearbeitern in den Behörden mittlerweile schon so etwas "wie ein kleines Schreckgespenst" geworden.

Auch, weil der Verband als Institution gegen die Angst vor der Altersarmut boomt. Der SoVD Schleswig-Holstein vermeldet Rekordergebnisse aus dem vergangenen Jahr: Landesweit sind inzwischen mehr als 125 000 Mitglieder registriert, 6000 mehr als noch im Jahr 2012 und doppelt so viele wie 1995. Knapp zehn Millionen Euro an Zahlungen haben SoVD-Schreckgespenster in 15 000 Verfahren erstritten - zwei Millionen Euro mehr als 2012.

Auch die Schwarzenbeker Bilanz kann sich sehen lassen: Rund 20 000 Euro aus rückwirkenden und laufenden Zahlungen hat Astrid Kosiolek für aktuell 1150 Mitglieder - im vergangenen Jahr traten 120 neue Mitglieder ein - durchgesetzt.

Woran liegt dieser Zulauf? Landesverbandssprecher Guido Bauer meint: "Etwa die Hälfte der Menschen kommt zu uns, weil sie Probleme mit dem Sozialrecht haben und ihre Anträge abgelehnt worden sind." Bei komplizierten Anträgen, beispielsweise im Falle einer Schwerbehinderung, Erwerbsminderung oder Hartz IV, helfen im SoVD Schleswig-Holstein 100 haupt- und 4000 ehrenamtlich Beschäftigte in 400 Ortsverbänden. Eine davon ist Astrid Kosiolek. Sie ergänzt: "Viele Mitglieder sind armutsbedroht. Die Not wird größer. Allein schaffen es viele nicht, gegenüber Behörden und Gerichten ihr Recht zu vertreten." Deshalb sei ihre Hilfe - von der Beratung bis zur Vorbereitung einer Klage - so gefragt wie nie.

Astrid Kosiolek und Guido Bauer wissen außerdem: "Die andere Hälfte kommt zu uns, weil die Menschen an unseren Veranstaltungen teilnehmen wollen." Da ist unter dem Slogan "Gemeinsam statt einsam" von Kinderfasching bis hin zu Reisen alles dabei. Exemplarisch bietet der Ortsverband Schwarzenbek zwei feste Reisen (Ostern nach Traben-Trabach, Ende Mai nach Norderney) an.

Das Kerngeschäft bleibt aber der Kampf gegen fehlerhafte Rentenbescheinigungen, und diesbezüglich begrüßt Astrid Kosiolek auch jüngere Menschen, vielfach Frauen, in ihrer Sprechstunde, die als Geringverdiener auf 450-Euro-Basis vorsorgen wollen. Denn wer aufgrund seines geringen Verdienstes nichts in die Rentenkasse einzahlt, kann im Falle einer Erwerbungsunfähigkeit plötzlich mit nichts dastehen. "Mini-Beträge lohnen sich immer", sagt Astrid Kosiolek.

Wie bei einer 48-Jährigen mit Mini-Job. Auf sie musste Astrid Kosiolek lange einwirken, bis sie 13 Euro monatlich entrichten wollte. Dann machte es die Klientin - und bezieht mittlerweile seit Dezember eine Erwerbsminderungsrente.