Reihersee-Prozess: Mordkommission gibt Ermittlungspannen zu - Urteil möglicherweise schon am Montag

Am dritten Verhandlungstag gegen den Schwarzenbeker Max D. (23) und seinen ein Jahr jüngeren Freund Michel T. aus Bleckede, die am 31. August 2013 D.s schwangere Ex-Freundin mit einem Baseballschläger am Reihersee schwer verletzten, stellte ein Kriminalkommissar die Ermittlungsergebnisse vor der vierten Großen Strafkammer am Lüneburger Landgericht vor.

Oberstaatsanwalt Joachim Kaub wirft den jungen Männern versuchten Mord vor. Beide Männer, die wegen Körperverletzung und Verstoß gegen das Waffengesetz vorbestraft sind, legten Teilgeständnisse in der Hauptverhandlung ab und willigten zudem ein, Schmerzensgeld an die Geschädigte zu zahlen.

Am Tattag hat es zwischen 13.18 Uhr und 13.48 Uhr insgesamt 14 Telefonverbindungen, die zwischen zwei und 37 Sekunden dauerten, zwischen beiden gegeben. Die Frage ist nun: Hat es überhaupt Gespräche zwischen den Angeklagten gegeben. Peter Stimper, Rechtsbeistand von Max D., hinterfragte eben dieses Detail. Laut Aussage eines Fahnders listet das computergesteuerte Auswertungssystem auch die Aktivierung der Mailbox als Gespräch auf. Unklarheit herrscht auch darüber, wo die Angeklagten sich in dem Naherholungsgebiet überhaupt aufhielten. Die Telefone waren in drei Funktürme der Umgebung eingeloggt. "Wir können die Daten nicht genau bestimmen", gab der Polizist leicht zähneknirschend in Saal 121 zu Protokoll.

Ein schlechtes Zeugnis gab es auch für die ermittelnde Lüneburger Mordkommission, als der Vorsitzende Richter Franz Kompisch einen Untersuchungsbericht des Landeskriminalamtes in die Hauptverhandlung einbrachte. "Es fand sich eine nicht sachgerechte Spurensicherung vor", heißt es in dem Bulletin der obersten Polizeibehörde Niedersachsens. So musste das Gericht auf die Hilfe von Sachverständigen zurückgreifen. Die DNA-Spur mit der Nummer 6.6, die Biologe Dr. Claus Opelt aus Hannover auswertete und der Strafkammer vorstellte, erhielt eine besondere Bedeutung. Auf dem Sweatshirt, welches die Geschädigte zum Zeitpunkt der brutalen Attacke trug, fanden sich neun Blutspuren, unter anderem die des Angeklagten Max D..

Nachdem ein Befangenheitsantrag des Schwarzenbeker Anwalts Peter Stimper gegen einen psychiatrischen Sachverständigen vom Gericht zurückgewiesen wurde (wir berichteten), startete Gutachter Dr. Jürgen Lotze mit dem medizinischen Befundsbericht. Der 23-jährige Mechaniker ist demnach voll schuldfähig, es gibt weder Einschränkungen in der Einsichts- noch in der Steuerungsfähigkeit. Unter den Prozessbeteiligten sorgte die Antwort Lotzes: "Männer im Alter von Herrn D. neigen zu gewalttätigen Handlungen", am Montagnachmittag für Diskussionen. Auch dass der Beschuldigte mit einem IQ von 127 hochintelligent ist, brachte den Arzt nicht dazu, seine Diagnose zu ändern.

Dr. Reiner Friedrich, der Michel T. untersuchte, sah zwar eine "leichte Alkoholintoxikation", die reiche aber nicht für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt aus. Ausführlich arbeitete der Arzt die Checkliste seelischer Erkrankungen ab und erklärte jedes Mal: "Keine Auffälligkeiten". Auch der ehemalige Soldat ist demnach voll schuldfähig.

Der Prozess geht am heutigen Mittwoch weiter. Die Kammer will noch Kleidungsstücke der Verfahrenbeteiligten ansehen. Offen ist noch, ob auch Staatsanwalt und Verteidiger bereits ihre Plädoyers halten werden. Dann könnte bereits am Montag, 3. März, die Urteilsverkündung erfolgen. Ursprünglich waren für den Prozess zehn Verhandlungstage vorgesehen.