Gewalt in Hamburg: Bürgervorsteher Konrad Freiberg bricht eine Lanze für die Ex-Kollegen

Er war 42 Jahre selbst Polizist in Hamburg, zudem Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei. Schwarzenbeks Bürgervorsteher Konrad Freiberg (SPD) hält in Zeiten vermehrter Übergriffe gegen die Beamten den Kontakt zu den ehemaligen Kollegen. Im bz/LL-Interview nimmt der 62-Jährige seinen Berufsstand in Schutz und prangert die offenbar vorhandene Lust an der Gewalt an.

bz/LL:

Herr Freiberg, wie ist nach den Gewaltübergriffen der jüngsten Zeit die Stimmung unter den Beamten?

Konrad Freiberg:

Aufgrund der Gewalttaten gibt es eine starke Betroffenheit. Wir haben seit Jahren immer häufiger Gewalttaten gegen Polizisten. Der Polizist wird immer mehr zu einem Hassobjekt von Linksextremisten. Eine beunruhigende Entwicklung.

Beunruhigend fanden viele auch die Einrichtung von Gefahrengebieten. Sollte dies in primärer Verantwortung Aufgabe der Polizei bleiben?

Das Gesetz ist in dieser Form seit dem Jahre 2006 vorhanden, und Gesetze kommen ja demokratisch zustande. Wenn dies rechtlich nicht in Ordnung sein sollte, muss die Politik ein neues Gesetz machen. Gefahrengebiete sind aber nicht nur eine Frage der Polizei, sondern auch politische Führung ist hier erforderlich. Und ich gehe davon aus, dass die Einrichtung und die Gründe dafür miteinander abgesprochen wurden. Natürlich sind Gefahrengebiete ein sehr sensibles Instrumentarium. Das ist nicht nur eine Frage des polizeilichen Zieles, Straftaten zu verhindern, sondern muss auch unter dem Aspekt betrachtet werden, wie diese Maßnahme auf das Vertrauensverhältnis zur Bevölkerung und im politischen Klima in der Auseinandersetzung wirkt. Ich hoffe, dass die Notwendigkeit von Gefahrengebieten ständig überprüft wird.

Wie beurteilen Sie grundsätzlich den Hang zur Gewalt? Man hatte den Eindruck, dass beiderseits die Aggressionsschwelle deutlich nach unten gegangen ist.

Auf Seiten der Polizei kann ich das wirklich ausschließen. Was wir beispielsweise bei den Demonstrationen am 21. Dezember 2013 vor der Roten Flora feststellen mussten, war ein großer Gewaltblock von rund 4000 jungen Leuten. Diese Anzahl war für die Polizei überraschend, ebenso wie die Tatsache, dass sofort Gewalt angewendet wurde. Wenn Leute Gehwegplatten in Rucksäcken dabei haben, wird deutlich, dass Gewalt gesucht worden ist. Das hat mit Politik nichts zu tun. Es werden nur Anlässe für Gewaltexzesse gesucht.

Ist die Gewalt gegen die Hamburger Polizei auch ein Angriff auf die gesamte Gesellschaft?

Das ist doch das Erschreckende daran. Nicht der Polizist an sich, sondern der Staat wird angegriffen, und die Frustration und der Hass, der vorhanden ist, sucht nur einen Anlass. Der einzelne Polizist ist dann auf einmal das Opfer. Das macht mir große Sorgen.

Es geht aber auch friedlich, wie die vergangenen Tage an der Davidwache mit Klobürsten- und Kopfkissen-Protesten zeigten.

Solange es friedlich ist, ist es ja Ausdruck einer gewissen Demonstrationskultur. Natürlich ist es dennoch eine Belastung für die Polizei, weil es ja Einsätze sind.

Für große Teile Bergedorfs hatte die Polizei im November 2006 ein Gefahrengebiet verfügt. Als dieser Umstand erst im September 2008 öffentlich wurde, führte dies zu erheblichen politischen Reibereien. Saufereien im Bergedorfer Schlosspark sowie eine Häufung von Schlägereien und Abziehdelikten mochten auch viele Lokalpolitiker nicht als ausreichende Begründung für die Ausrufung eines Gefahrengebiets sehen. Inwieweit sehen Sie gefährliche Tendenzen für Schwarzenbek aufziehen, wo es ja auch schwierige Sozialräume gibt?

Ich glaube nicht, dass sich in Schwarzenbek so etwas entwickeln kann. Wir leben in einer relativ friedfertigen Stadt, und insofern sehe ich diese Probleme hier nicht. Natürlich leben auch hier Menschen aus einem gewissen sozialen Milieu, die zur Sachbeschädigung neigen. Das Erste und Wichtigste ist, diese Problemgruppen direkt anzusprechen und einzubinden. Da ist eher Sozialarbeit gefragt - polizeiliche Maßnahmen stehen immer am Ende.