Tarifkonzept: Müll Erste Kritik vom Endverbraucher

Das Votum der Kreistage in Stormarn und im Lauenburgischen steht noch aus. Dennoch gilt die Zustimmung zum neuen Tarifkonzept der Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH) als sicher. Bereits im Laufe der Woche werden die Rechnungen und Gebührenbescheide an 127 000 Rechnungsempfänger - Einzelhaushalte und Wohnungsbauunternehmen - verschickt (wir berichteten).

Ein Blick auf die Rechnung wird die meisten Empfänger erfreuen: Für 60 Prozent der Stormarner und 43 Prozent der Lauenburger sinken die Kosten. Zusätzlich werden Kunden angehalten, ihre Mülltrennung durch zusätzliche Biotonnen zu optimieren: Dann sparen oder zahlen sogar 90 Prozent der Stormarner nicht mehr, im Lauenburgischen sind es 85 Prozent. "Fair pay", was übersetzt so viel wie "gerechtes bezahlen" bedeutet, nennt die AWSH ihr neues Tarifkonzept.

Ganz und gar nicht "gerecht" findet Franz L. (Name von der Redaktion geändert) aus Grabau die Tarifänderung. Er spricht von "Abzocke", denn sein Abfallentgelt steigt zum Jahreswechsel um 36,47 Prozent. Bisher nutzt die zweiköpfige Familie einen Restmüllbehälter (vierwöchige Leerung, 80 Liter) und eine Papiertonne, zahlt dafür 59, 88 Euro im Jahr. Künftig werden es 81,72 Euro sein. Selbst bei einer "Optimierung" über den AWSH-Vergleichsrechner (www.awsh.de) und einer zusätzlichen Biotonne sinkt der Preis lediglich auf 79,44 Euro. L.'s Konsequenz: Er hat den Optimierungsvorschlag noch einmal optimiert: Künftig zahlt er 72 Euro im Jahr, hat dafür seinen Restmüll auf 40 Liter reduziert und zusätzlich eine 40 Liter fassende Biotonne geordert.

Besonders erbost ist L., weil er sein Abfallverhalten als vorbildlich ansieht: Neben Papiertonne und Gelbem Sack hat der Grabauer seit mehr als 20 Jahren gleich zwei Komposthaufen und eine Komposttonne auf seinem Grundstück. Damit gehört L. zu den 15 Prozent der AWSH-Kunden im Kreisgebiet, die trotz teils langjähriger Mülltrennung und Kompostierung auf dem eigenen Grundstück künftig mehr zahlen müssen.

Die Abfallwirtschaft Südholstein hält ihr Konzept dennoch für gerecht: Bisher wurde das Entgelt ausschließlich über die Behältergröße und den Abfuhrrhythmus berechnet. Dienstleistungen wie Recyclinghöfe, Sperrmüll- und Elektrogerätesammlung, Callcenter und Abfallfibeln werden künftig über ein Grundentgelt abgedeckt, das 16 Prozent des Preises ausmacht. "Ein Zweipersonenhaushalt, der für 60 Euro im Jahr seinen Müll entsorgen konnte, war auch richtig gut bedient", sagt AWSH-Geschäftsführer Dennis Kissel. Er hat die Entsorgungskosten der AWSH im Zuge der Tarifumstellung einmal auf die Kreisbewohner umlegen lassen. Bei dieser Beispielrechnung wäre jeder Einwohner mit etwa 70 Euro dabei.

Der Kreistag in Ratzeburg soll dem Tarifkonzept heute zustimmen. Die Sitzung war wegen des Orkans "Xaver" um eine Woche nach hinten verschoben worden. Der Stormarner Kreistag folgt dann am morgigen Tag.