Prävention: Bundesweite Initiative gegen Kindesmissbrauch

"Ihr macht gleich alle Yeah", sagt Charlotte Baumgart zu den vier Mädchen. Die stellen sich kichernd hin, rufen "Yeah" und lassen sich dabei von der Schauspielerin für das Gefühl "Glück" fotografieren. Die guten und schlechten Gefühle der 130 Jungen und Mädchen aus Schwarzenbek, Müssen und Berkenthin, die sich im Rathaussaal das Theaterstück "Trau dich!" ansahen, waren das Thema der Aufführung, die gestern den Schlusspunkt einer landesweiten Aktion zur Prävention von Kindesmissbrauch setzte.

Das für Kinder von acht bis 12 Jahren konzipierte Stück greift Situationen, die Kinder in Bedrängnis bringen, spielerisch auf und geht das schwierige Thema einfühlsam und mit viel Witz an. Beispielsweise wenn Vladimirs Oma einsehen muss, dass ihre"Schlabberküsse" den Enkel gewaltig nerven. Doch auch der verstörende Missbrauch durch ein Familienmitglied - hier ist es der Verlobte der älteren Schwester - und die seelischen Qualen der betroffenen Alina werden kindgerecht thematisiert. Von einer im Bühnenhintergrund aufgespannten Leinwand kommentieren dazu Kinder per Video das Geschehen: "Ist der blöd? Der darf das nicht! Kinder haben ein Recht darauf, dass keiner mit ihnen so was macht!"

Die Botschaft lautet: Kinder haben nichts falsch gemacht, wenn ihr Vertrauen missbraucht wird. Mit dem Publikum suchen die Schauspieler gemeinsam nach Lösungen. Vladimirs Oma bekommt einen Brief und Alina wendet sich schließlich an ihre Schwester, weil ihre Eltern ihr nicht glauben wollen. Auch das will das Stück Kindern vermitteln: Dass sie nicht aufgeben, sondern sich jemanden suchen, dem sie sich anvertrauen können. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat die Aktion gemeinsam mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) vor dem Hintergrund steigender Missbrauchsfälle in initiiert. Bundesweit waren es 12 623. 200 mehr als in 2011, wobei die Dunkelziffer hoch bleibt. Landesweit gab es letztes Jahr 449 Fälle sexueller Gewalt gegen Kinder, kreisweit wurden 60, in Schwarzenbek und Lauenburg 35 Fälle, aktenkundig.

An den acht Aufführungen nahmen insgesamt 4000 Kinder teil, 250 Eltern kamen zu den Infoabenden und 200 Lehrer ließen sich begleitend fortbilden. Dass gestern kreisweit nur Kinder aus drei Kommunen kamen, obwohl die Kreissparkassenstiftung, der Kinderschutzbund und der Kreis den Eintritt und einen Großteil der Fahrkosten zahlen, ist für die Organisatoren kein Wermutstropfen. Es gäbe in der Region eben schon sehr viele Aktionen zu diesem Thema, erklärte Hans-Heinrich Dyballa vom Schulamt. Direkten Rat und Hilfe bei einem Verdacht auf Missbrauch bietet die Integrierte Beratungsstelle des Diakonischen Werkes an (Ernst-Barlach Platz 9, Tel. 0 41 51/51 65).