Bahnverkehr: Pendler müssen nach Schwarzenbek ausweichen, wenn der Regionalexpress nicht mehr hält

Ein ganz normaler Morgen in der Europastadt: Am Bahnhof sind alle 250 Park&Ride-Plätze belegt. Autofahrer auf der Suche nach freien Plätzen haben auch die Stellflächen vor der Sporthalle an der Buschkoppel und den Parkplatz des Gymnasiums in Beschlag genommen. Eine Situation, die sich ab dem Jahr 2019 noch verschärfen könnte. Dann wird die Verbindung des Regionalexpress nach Hamburg neu ausgeschrieben. Neben Schwarzenbekern und Pendlern aus dem Umland könnten dann auch Fahrgäste, die bisher in Müssen ein- oder aussteigen, nach freien Parkplätzen suchen.

Hintergrund ist das "Szenario 50 Plus", mit dem die Landesweite Verkehrsservicegesellschaft (LVS) den Schienennahverkehr verbessern will. Für die Regionallinie Hamburg-Büchen sieht der Entwurf eine "Beschleunigung der Expresslinie zwischen Hamburg und Büchen durch Aufgabe des Halts Müssen" vor. Betroffen wären dort rund 300 Fahrgäste.

Für LVS-Pressesprecher Dennis Fiedel handelt es sich dabei um "Ideen und Vorschläge für die anstehende Diskussion um die langfristige Entwicklung des Nahverkehrs, die bisher weder politisch entschieden, noch unter heutigen Rahmenbedingungen finanziert sind."

Dennoch schrillen in den Rathäusern die Alarmglocken: In der Stellungnahme zum neuen, bis 2017 geltenden Landesnahverkehrsplan (LNVP) stellen Schwarzenbek, Müssen und Büchen zu diesem ebenfalls im Plan enthaltenen Szenario fest: "Nicht akzeptabel ist die perspektivische Aufgabe der Haltestelle Müssen." Sie diene der Entlastung der Pendlerparkplätze in den beiden anderen Orten. Die Befürchtung von Ordnungsamtsleiter Hans-Jürgen Stribrny ist, dass die 300 Müssener Pendler dann per Auto nach Schwarzenbek kommen.

Empört äußert sich auch Müssens Bürgermeister Uwe Riewesell: "Das kann ja nicht angehen. Der Bahnsteig wurde erst vor ein paar Jahren erneuert und nun wollen sie uns abkoppeln." Müssen habe seine Entwicklung auf den Bahnanschluss abgestellt und wolle dies auch weiter tun, so Riewesell. Ein Neubaugebiet mit 28 Häusern am Ende der Schmiedestraße ist fast ausverkauft, ein zweites soll nördlich der Bahnlinie entstehen. Dort plant die Gemeinde zudem gemeinsam mit der Deutschen Bahn AG auf eigenen und auf Bahnflächen einen neuen Park&Ride-Platz mit 40 Stellflächen.

Der neue Verkehrsplan bietet jedoch auch Vorteile: Mit dem Fahrplanwechsel zum 14. Dezember gibt es eine stündliche Verbindung per Regionalexpress nach Hamburg. Damit hat die LVS auf eine Resolution der Schwarzenbeker Stadtvertretung vom Februar dieses Jahres reagiert, die bessere Verbindungen und ein Ende der Verspätungen gefordert hatte. Zudem sollen alle Züge um einen fünften Doppelstockwagen ergänzt werden. Weil dafür auf der viel befahrenen Strecke die Regionalbahn ausgedünnt wird, müssen Schüler künftig auf den Bus ausweichen (wir berichteten). Für 2015 ist dann eine bessere Vertaktung der Züge geplant.

Auch die Ziele für die Neuausschreibung der Regionalexpress-Strecke, die vom Land Mecklenburg durchgeführt wird, hat die LVS schon formuliert: Neben dem Stundentakt soll es in der Hauptverkehrszeit zwischen Hamburg und Büchen sogar einen Halbstundentakt geben. Außerdem sollen die Züge auf bis zu acht Wagen verlängert werden. Nächstes Problem für Müssen: Der Bahnsteig ist lediglich für fünf Wagen ausgelegt, längere Züge könnten dann dort nicht mehr halten.

Statt über den Regionalexpress würde Müssen dann jedoch über Züge angebunden, die zwischen Hamburg und Ratzeburg ohne Umstieg in Büchen fahren sollen (im Bahnjargon "Flügelzüge" genannt). Sie sind ebenfalls im "Szenario 50 Plus" enthalten. Wie ihre Taktung aussehen wird, ist jedoch noch offen.

Laut Verkehrzählung steigen an Wochentagen etwa 3900 Personen am Büchener Bahnhof ein oder aus, in Schwarzenbek sind es knapp 2400, in Müssen 286, in Friedrichsruh 26 und in Aumühle 215 (ohne S-Bahn).