Vortrag: Wie TV und Werbung Geschlechterrollen zuweisen

"Pinkstinks", riefen zwei Mütter in London aus, als ihre kleinen Mädchen zum Geburtstag lauter Dinge in Pink geschenkt bekamen - ein ganzer Haufen rosa Plastik, vom Püppchen, über Cremedosen, Kämmen, Spiegeln und Spangen bis zu Kleidung. Vor fünf Jahren gründeten sie den Verein "Pinkstinks UK", um mit Kampagnen gegen Produkte, Werbeinhalte und Medienstrategien vorzugehen, die Mädchen eine limitierende Geschlechterrolle ("Gender") zuweisen.

"Pinkstinks" gibt es seit dem letzten Jahr auch in Deutschland als gemeinnützigen Verein. Jetzt befassten sich Landfrauen von neun Ortsvereinen in Breitenfelde mit dem Thema. "Es geht nicht um die Farbe Pink und es geht nicht um Mädchen, sondern auch um die Jungen", erläuterte vor mehr als 20 Zuhörerinnen die Aktivistin des Vereins Stevie Schmiedel aus Hamburg. Die 41-Jährige Gender-Forscherin machte die verheerenden Auswirkungen der "Pinkifizierung" deutlich. Es geht um Spielzeug, Kleidung und andere Produkte, die "nur für Jungen" und "nur für Mädchen" gemacht und beworben werden.

Desweiteren "stinken" die Vereinsmitglieder gegen sexistische Werbung an. "Selbst für Babys gibt es geschlechtsspezifisches Spielzeug. Rosa Kämme, Spiegelchen und Schönheitsköfferchen aus Plüsch und für kleine Jungen Laptops aus Plüsch", berichtet Schmiedel. Kinder werden so vom ersten Lebenstag in eine Rolle gedrängt. "Unzählige Werbekampagnen, Kataloge, Fernsehspots und Annoncen weisen ihnen ihre Rolle zu", sagt die Aktivistin. Zum Beispiel sind in einer Jeanswerbung Mädchen zu sehen, die sich prüfend anschauen, ob die schmalste Schlauchjeans ihnen passt. Die Jungen tragen dagegen weite Jeans, sind in Bewegung und blicken nach vorn. "So werden Mädchen gedrängt, sich mit ihrem Aussehen zu befassen und ihre Schönheit zu vervollkommnen, während Jungen die Welt entdecken sollen."

Der Widerstand von "Pinkstinks" setzt aber früher an. Sie machen auf Facebook "Stunk" gegen "gegenderte" Produkte und sexistische Werbung. Eine Petition gegen das rosa Überraschungsei für Mädchen hatte Erfolg. Die sehr mageren "Winx"-Feen, die in dem Schokoladenei steckten, wurde ausgetauscht. Zurzeit erstellt der Verein Kriterien, was geschlechtsdiskriminierende Werbung eigentlich ist. "Bis 2016 wollen wir eine Gesetzesinitiative über das Thema in die erste Lesung bringen", sagte Schmiedel. Dazu gehören auch Fernsehshows, in denen Mädchen unter Druck gesetzt werden, mager wie Models zu sein. "Seit die erste Staffel von Germanys Next Topmodel 2006 in Deutschland anlief, hat sich das Selbstbewusstsein von Mädchen in Deutschland verschlechtert. Das zeigt eine Studie von Bauer Media, der Universität Bielefeld und der Weltgesundheitsorganisation", sagt Schmiedel. Demnach seien damals 70 Prozent der Mädchen im Alter von 16 und 17 Jahren mit ihrem Aussehen zufrieden gewesen. 2012 waren es nur noch 47 Prozent.

Langfristig kann diese Masche der Industrie verheerende Auswirkungen haben. Nehmen die Mädchen ihre zugewiesene Rolle an und kümmern sich nur darum, dass ihr Äußeres gefällt und nicht um ihre Bildung, kann das dazu führen, dass sie später in Frauenberufen hängenbleiben, die schlecht bezahlt sind. "Die Mehrzahl der Hartz-IV-Empfänger sind alleinerziehende Frauen", sagt Schmiedel. In der Pubertät einsetzende Kampagnen, um Mädchen von dieser Rolle wegzubringen, seien deshalb wichtig.

www.pinkstinks.de