Volvo-Treffen: Sportcoupés und “Schneewittchensarg“

"Volvodeern" steht auf dem T-Shirt von Anja Reichardt, denn die 47-Jährige fährt mit Leidenschaft einen Volvo P 1800. "Ich fahre ihn so oft es geht, denn ich habe ihn lieb", sagt die Kasseburgerin. Am Sonnabend ging die Fahrt zum Gut Lanken, denn dort traf sich die Versicherungsangestellte mit 25 Gleichgesinnten aus ganz Deutschland, die im Herzogtum Lauenburg eine Rallye unternahmen.

Nach und nach passierten die schwedischen Oldtimer-Sportwagen, die nur zwischen 1961 und 1972 produziert wurden, die holperige Straße und trudelten auf dem Hof des Gutes ein. "Da merkt man noch das Fahren, man ist eins mit dem Auto", weiß Anja Reichardt. Ihr Volvo in Goldmetallic-Lackierung ist etwas Besonderes, da er für den amerikanischen Markt hergestellt wurde. "Das erkennt man an den 'Lakritzleisten' und den speziellen Felgen", sagt sie. Die Leisten sind aus schwarzem Kunststoff und die Räder zieren "Wolfrace"-Felgen.

Auf seinen blauen Oldtimer ist auch Filip Caby aus Ostfriedland stolz. Er machte mit seinem Sohn Vincent die Tour nach Lanken. "Schauen Sie mal, das sind besondere, seltene Minilight-Felgen", sagt er. Während der Tour lenkte Sohn Vincent den Oldtimer, für die Fahrt zur Disco ist der Volvo hingegen tabu. Auf der mit hellem Leder bezogenen Rückbank wird es ohnehin eng für Mädels, denn es ist nur ein Sperrsitz. "Hier dürfen sowieso nur Mutti und meine Schwester mitfahren", erklärt Vincent.

Dirk Rose aus Oldenburg hat dagegen einen ständigen Fahrgast: Ein Schneewittchen-Püppchen von Playmobil in einem durchsichtigen Sarg liegt liebevoll präsentiert in seinem P 1800 ES. Das Kombi-Coupé, das Volvo im August 1971 der Öffentlichkeit präsentierte, wird als "Schneewittchensarg" bezeichnet, denn die weit bis nach unten reichende Heckscheibe gibt den Blick in den gesamten Kofferraum frei. In den USA wurde der Kombi ein Renner, in Europa nicht. Als 1974 neue Sicherheitsvorschriften in den USA in Kraft traten, wurde die Produktion Ende 1973 eingestellt. "Nur 8078 Stück wurden insgesamt produziert", weiß Dirk Rose.

Fritz Schöbel aus Plüderhausen bei Stuttgart ist der Vorsitzende der "Volvo P 1800 Interessengemeinschaft Deutschland", die etwa 140 Mitglieder hat. "Dieses Auto ist ein Exot, aber auch ein robustes, zuverlässiges und uriges Fahrzeug", schwärmt er. Nicht nur das Design zählt für die Liebhaber. In Sachen Sicherheit war Volvo der Konkurrenz voraus. Dreipunkt-Sicherheitsgurte gab es in Serie ab 1959, Verbundglas in der Frontscheibe hatte es sogar schon ab 1944 bei den Vorgängern gegeben.

Als dann der Volvo P 1800 in den 1960-er Jahren auch noch in der Krimiserie "Simon Templar" von Roger Moore gesteuert wurde, ließ dies den Wunsch der Fans nach einem solchen Sportwagen noch steigen. Der Neuwagenpreis überstieg jedoch das Budget der meisten: Ein Kombi kostete etwa 26 000 Deutsche Mark. Dafür bekam man fast drei Volkswagen Käfer. Schöbel kaufte sich erst nach dem Studium den Volvo. Eine seiner ersten Fahrten unternahm er mit seiner Freundin Ilona ins belgische Brügge. Dort parkte er den Sportwagen vor dem Rathaus und heiratete seine Freundin.