Bürgerbefragung: Schlechte Noten - Kommunalpolitiker ziehen Konsequenzen

Mit ungewohnter Einigkeit haben die Schwarzenbeker Politiker in der Einwohnerversammlung die Ergebnisse der jüngsten Bürgerbefragung vorgestellt. Die Sprecher der vier großen Fraktionen (die FDP hatte sich nicht beteiligt) gestanden vor rund 90 Zuhörern Fehler ein und gelobten Besserung.

Geschockt von der geringen Wahlbeteiligung von 38,3 Prozent bei der Kommunalwahl am 26. Mai hatten SPD, CDU, Grüne und Freie Wählergemeinschaft (FWS) von den Bürgern wissen wollen, was die Gründe dafür sind. In einer aufwendigen Aktion druckten sie sie 10 000 Fragebögen, steckten 7000 davon in die Briefkästen der Schwarzenbeker, standen damit auf dem Wochenmarkt und im Lupus-Park und warben mit Plakaten für die Teilnahme an der Umfrage.

Die Resonanz war gewaltig. 1010 Fragebögen konnten jetzt ausgewertet werden. "Das sind erstaunliche 15 Prozent", freute sich Bürgervorsteher Konrad Freiberg (SPD) am Montagabend. Einhundert Schwarzenbekern reichte gar das Ankreuzen auf den Fragebögen nicht aus. Sie versahen die Seiten mit zusätzlichen Anmerkungen oder schrieben ergänzende Briefe an die Politiker. Die Europastadt erhält für ihre in Schleswig-Holstein einmalige Aktion landesweit viel Aufmerksamkeit. Am Abend der Einwohnerversammlung sendete der NDR einen Bericht, der im Rathaus live auf einer Leinwand gezeigt wurde.

Das Fazit der Befragung fällt ernüchternd aus: 43,5 der Wähler stellen der Kommunalpolitik die Note mangelhaft bis ungenügend aus. Als Hauptursachen für die geringe Wahlbeteiligung machen sie undurchschaubare politische Entscheidungsprozesse (67,5) und zu viel Beschäftigung der Politiker mit sich selbst (77,6) aus. Weitere Gründe sehen sie in der unzureichenden Aufklärung in den Schulen und der mangelnden Ansprechbarkeit der Politiker. Zwei Drittel wünschen sich transparentere Entscheidungen und fordern, dass die Stadtverordneten das Gemeinwohl in den Vordergrund stellen, statt sich zu streiten. Die Nichtwähler unter den Befragten werden noch deutlicher: Wählen ist sinnlos sagen 57,6 Prozent, die Hälfte fühlt sich von der Politik nicht vertreten oder beklagt nicht eingehaltene Versprechen. Interessant: 19 Prozent der Nichtwähler (17 Prozent der Wähler) können sich vorstellen, politisch aktiv zu werden.

Die Hausaufgabe "weniger streiten" ist schon in Arbeit. "Es hat wahnsinnig viel Spaß gemacht, gemeinsam zu arbeiten, das war eine schöne Erfahrung", sagte CDU-Fraktionschefin Heike Wladow. Ihr Fazit: "Wir brauchen mehr fachliche Beratung im Bau- und Finanzwesen, und wir sollten kein Geld ausgeben, was die Kommune nicht hat."

Zu jedem Tagesordnungspunkt, der in der Stadtvertretung oder in den Ausschüssen beraten wird, soll es künftig eine Einführung für die Zuhörer geben, kündigte SPD-Fraktionschefin Susanne Heyer-Borchelt an. Die SPD will die Bürger via Internet mehr einbinden, die Grünen planen eine Fraktionssprechstunde. Die Freien Wähler wollen ihre Stadtteilgespräche weiterführen. "Der Bürger will wahrgenommen werden", so Jörn Kranacher (FWS). Politische Information sei aber keine reine Bringschuld. Grünen-Chef Matthias Schirrmacher freute sich, dass sich viele Menschen politisch engagieren wollen: "Einfach Bescheid sagen, wir finden schon was", versprach Schirrmacher.

Auch viele Bürger kamen zu Wort. Eugen Prinz monierte beispielsweise, dass viele Probleme der Stadt zu wenig zielgerichtet angegangen würden. "Wir haben in der letzten Stadtverordnetensitzung kein Problem einer Lösung zugeführt", gab Konrad Freiberg zu. Auf die Forderung eines Bürgers, mehr auf die Fachkompetenz der Verwaltung zu hören, reagierten die Politiker indes empfindlich: "Die Gestaltung erfolgt durch die Stadtverordneten", sagte Freiberg. "Dafür sind wir gewählt worden", ergänzte Schirrmacher.