Wotersen (gb). Am Sonntag klang das 28. Schleswig-Holstein Musik Festival in Wotersen mit Klarinettist, Komponist und Dirigent Jörg Widmann und dem Festivalorchester aus, dessen junge Musiker im Rahmen der einst von Leonard Bernstein gegründeten Orchesterakademie sechs Wochen lang am üppigen Repertoire gefeilt hatten.

Widmann eröffnete den Abend in der voll besetzten Reithalle mit einem der Paradewerke der Klarinetten-Literatur - Konzert f-Moll Op. 73 von Carl Maria von Weber. Einfühlsam, virtuos, ja tadellos realisierte Widmann, derzeit einer der besten Klarinettisten Deutschlands, den Solopart. Mit seiner an Beethoven anknüpfenden Konzertouvertüre "Con brio" und freien Stücken für Ensemble stellte sich Widmann als Komponist vor. Während das fantasievolle "Con brio" mit prickelnden Klängen und Wendungen das Ohr erfreute, kamen die freien Stücke einigen Zuhörern eher provokant vor. "Ich habe in den kurzen Stücken die jeweiligen Elemente, aus denen Musik besteht, kontrastreich gegenübergestellt", erläuterte Widmann.

Viele Zuschauer hörten etwas anderes: Sie siedelten das zeitgenössische Kompositionsexperiment zwischen Luftangriff, Trillermusik und Tinnitus an. Diese "Verstimmung" machten die Künstler jedoch wieder wett - mit einer erstklassigen Wiedergabe der Jupiter-Sinfonie C-Dur, KV 551, von Mozart. Voller Elan spornte Jörg Widmann als Dirigent das auffallend junge Festivalorchester zu Höchstleistungen an.

Weniger von der modernen Musik als von der Kommunikation mit der Festivalleitung zeigte sich Gutsverwaltungschefin Barbara Gaedecke verstimmt. Das Festival meldet seit wenigen Tagen eine Rekordauslastung, die bei 92 Prozent liegen soll (im Vorjahr 83 Prozent). Allerdings wurde die Zahl der Konzerte gegenüber dem Vorjahr deutlich reduziert. "Da bin ich sehr gespannt, wie das weitergeht", sagt Barbara Gaedecke und wundert sich ebenso wie viele Musikliebhaber, dass ausgerechnet einer der schönsten Festival-Orte mit nur vier Konzerten "abgespeist" wurde, davon einem einzigen zum Länderschwerpunkt Baltikum.

Auch das beliebte Musikfest wurde in Wotersen durch ein Kindermusikfest ersetzt. "Wotersen ist ein Juwel und entsprechend beliebt. Die statistische 92-Prozent-Auslastung haben wir getoppt. Wir haben mit vier ausverkauften Konzerten 100 Prozent erreicht", sagt Gaedecke und fügt hinzu: "Wie viele SHMF-Konzerte es nächstes Jahr hier gibt, weiß ich nicht. Vielleicht drei, vielleicht acht? Bis jetzt hat niemand mit mir darüber gesprochen."