Bürgerbefragung: Parteien wollen wissen, warum 61,7 Prozent im Mai der Wahlurne fern blieben

Landesweit lag die Quote am 26. Mai bei 46,7 Prozent, in der Europastadt gingen am Tag der Kommunalwahl jedoch nur 38,3 Prozent der Wahlberechtigten zur Urne. Jetzt wollen die Politiker von ihren Bürger wissen, warum sie nicht zur Wahl gegangen sind, was sich ändern muss und was die Politiker besser machen müssen.

Bürgervorsteher Konrad Freiberg (SPD) hatte bereits kurz nach seiner Wahl die Umfrage als gemeinsame Aktion aller Parteien angekündigt, dann waren jedoch FDP und FWS ausgestiegen. Jetzt sind zumindest die Freien Wähler mit dabei und auch die FDP hat angekündigt, die Auswertung der Umfrageergebnisse konstruktiv zu begleiten.

Für Schleswig-Holstein ist es ein Novum, dass sich Politiker so an ihre Wähler wenden: 60 Plakate und 10 000 Flyer haben die Fraktionen von SPD, CDU, FWS und Grünen auf eigene Kosten drucken lassen und verteilen diese jetzt im Stadtgebiet. Wähler als auch Nicht-Wähler können ankreuzen, warum sie nicht wählen gegangen sind und was die Parteien ändern müssten, um das Interesse an der Kommunalpolitik zu erhöhen.

Die ausgefüllten Bögen können bis zum 31. August in eine Wahlurne am Rathaus geworfen werden. Zudem sind Vertreter aller vier Parteien am 17., 24. und 31. August jeweils von 9 bis 13 Uhr mit Ständen und Urnen auf dem Wochenmarkt und im Lupuspark präsent. Dabei handele es sich nicht um Wahlkampfstände, betont Matthias Schirmacher (Grüne): "Wir starten unseren Bundestagswahlkampf erst nach dem 9. September." An diesem Tag sollen auf einer Einwohnerversammlung die Ergebnisse der Umfrage diskutiert werden.

"Das ist eine Politikberatung der Politiker durch die Bürger", sagt Helge Harms (SPD) und verspricht: "Die Ergebnisse landen nicht im Papierkorb, sondern werden in der gesamten Wahlperiode eine Rolle spielen." Geklärt werden soll auch, ob die Bürger den Urnengang wegen ortspezifischer Probleme scheuten oder einem allgemeinen Trend folgten. Für Letzteres spricht die unterschiedlich hohe Beteiligung in den Wahlkreisen. "Anhand der Wahlbeteiligung können wir sehen, wo Einzelhausbebauung und wo Geschossbau dominiert", verweist Heinz-Werner Rose (FWS) auf eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung.

Mythos Nicht-Wähler

Im Vorfeld der Bundestagswahl prognostizieren die Stiftung und das Institut für Demoskopie, dass die Wahlbeteiligung auf lange Sicht weiter sinken wird - vor allem in einkommensschwachen und bildungsfernen Schichten. Die Forscher nennen das "soziale Selektivität" und widersprechen dem Mythos vom Nichtwähler, der infolge einer bewussten Entscheidung dem Wahllokal fernbleibt. Nicht zu wählen sei laut Studie kein Protest gegen die Demokratie, sondern ein allgemeines Desinteresse an Politik.

www.bertelsmann-stiftung.de