Bahnlärm: Anwohner sammeln morgen auf dem Markt Unterschriften für eine Resolution

Matzat wohnt seit 40 Jahren an der Straße "Im Winkel" und hat eine wunderschöne Terrasse. Nutzen kann sie diese kaum, denn das Haus ist weniger als 100 Meter von der Bahnlinie entfernt. Lärmschutz gibt es in diesem Bereich nicht. Gemütlich auf dem Liegestuhl sitzen oder grillen - unmöglich.

Alle naslang rasen Güterzüge oder ICEs lautstark vorbei. In den vergangenen Jahren ist der Lärm viel stärker geworden, haben die Anwohner registriert. "Das Gleis, das auf einem Damm liegt, ist noch einmal um 50 Zentimeter angehoben worden, und es fahren viel mehr Güterzüge, die auch länger geworden sind ...", sagt Gerda Matzat. Den Rest des Satzes versteht man nicht, denn es rast ein Güterzug heran. Erst etliche Minuten später ist er vorbei. "Was ich sagen wollte ist, dass man nicht nur am Tag belastet ist, man kann auch nachts nicht richtig schlafen", fährt sie fort.

Laut einem Gutachten, das die Stadt in Auftrag gab, wurde der Bahndamm beim letzten Ausbau 2004 indes nicht so stark erhöht, wie von den Anwohnern vermutet. "Das bewegt sich nur im Zentimeterbereich", sagt Bauamtsleiter Ralf Hinzmann. Nach dem Immissionsschutzbericht der Stadt von 2011 werden die der Bahn zugewandten Häuser nachts allerdings mit mehr als 55 Dezibel beschallt. Solch ein Dauerlärm schädigt nachweislich Herz und Kreislauf enorm, sagen die Anwohner und verweisen auf eine Studie von Professor Dr. Eberhard Greiser, Epidemiologe an der Uni in Bremen. Das Risiko, durch andauernden nächtlichen Lärmstress einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden, betrage bei Männern ab 40 Jahren demnach 40 Prozent, bei Frauen sogar 100 Prozent.

Das Thema betrifft nicht nur die Anwohner der Bahnlinie. Es mehren sich Klagen, dass der Bahnlärm in weiten Teilen Schwarzenbeks stärker geworden ist. So ist er sogar im Rülauer Wald noch deutlich zu hören.

Die Matzats haben mit weiteren Anwohnern eine Bürgerinitiative gegründet und fordern, dass die Stadt und die Politiker aller Parteien sich jetzt energisch bei der Bahn für einen erhöhten Lärmschutz einsetzen. Gerda Matzat: "Wir fordern, dass wir endlich auch Lärmschutz bekommen". Vor der letzten Stadtverordnetenversammlung verteilten sie deshalb eine Resolution und sammeln nun in der ganzen Stadt Unterschriften. Die Listen liegen in vielen Geschäften aus. "Von der SPD haben wir schon den Bogen mit allen Unterschriften der Stadtverordneten zurückbekommen", so Gerda Matzat.

Die Bahn sieht sich baulich nicht in der Pflicht, denn beim Streckenausbau wurde der damals verlangten Lärmvorsorge Rechnung getragen. "Aber für die Anwohner ist es eine Lärmbelastung, das ist uns klar", sagt Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis. Weil der Lärm vom Rad-Schiene-Kontakt ausgeht, setzt die Bahn auf die Lösung "glattes Rad auf glatter Schiene". Neue "Flüsterbremsen" sollen ihn um rund 10 Dezibel senken. Die Umrüstung ist mit 7000 Euro pro Wagen jedoch noch zu teuer und erst bei 25 000 von bundesweit rund 180 000 Güterwagen erfolgt.