Schwarzenbek (cus). Als Sylvia D. (Name von der Redaktion geändert) den Zeugenstand des Schwarzenbeker Amtsgerichts betritt, ist sie sichtlich nervös. Immer wieder kämpft die 33-Jährige mit den Tränen.

Als Damian O. am 13. August des vergangenen Jahres die Spielhalle an der Hamburger Straße in Lauenburg überfiel, saß sie an der Kasse. "Bis dahin war er immer ein lieber und freundlicher Mensch", berichtet D. Dann bricht sie in Tränen aus.

Seit dem Überfall ist die junge Frau traumatisiert: Ihre Arbeit hat sie aufgegeben, selbst zum Einkaufen fährt sie nicht mehr nach Lauenburg, sondern stattdessen ins viel weiter entfernte Lüneburg. O. war öfter zu Gast in der Spielhalle. An diesem Abend kam er sogar mehrmals. Er unterhielt sich mit der Mitarbeiterin, verschwand mehrmals auf der Toilette. Vor Gericht erklärte O., er habe dort Kokain geschnupft.

So aufgeputscht, zückte er eine Machete und forderte von D. die Tageseinnahmen. Die Waffe trug er laut eigenen Angaben versteckt im Hosenbein ständig mit sich herum. Vor Gericht entschuldigte sich O. bei seinem Opfer: "Ich fand Sie immer sehr nett. Ich hoffe, Sie können mir irgendwann verzeihen."

Die Tat, das hatte O. Richter Suntke Aden in seinem langen Brief mitgeteilt, habe er begangen, um ins Gefängnis zu kommen. Doch das Jugendschöffengericht zeigte sich davon nicht überzeugt: Immerhin hatte sich O. nach der Tat nicht etwa der Polizei gestellt, sondern war untergetaucht.

Sich jemand anzuvertrauen und sich auf andere einzulassen - damit hat der 22-Jährige große Probleme. Er unterscheidet ganz bewusst zwischen "Kollegen", von denen es viele gibt, und "Freunden". Auf die Frage Adens, wie viele Freunde er denn habe, schüttelt O. nur den Kopf: Er habe keine Freunde und auch keinen Kontakt zu seiner Familie. Aufgewachsen ist O. nach dem Tod seiner Mutter bei der Großmutter in Polen. Als er sieben Jahre alt war, holte ihn sein Vater nach Hamburg. O.: "Es gab jeden Tag Prügel." Der Junge kehrte zurück nach Polen, kam als Zwölfjähriger erneut zum Vater. Der hatte geheiratet, doch auch mit der Stiefmutter gab es Streit. Der Zwölfjährige begann, Joints zu rauchen und Alkohol zu trinken.

Mit 14 unternahm er seinen ersten Selbstmordversuch. Das Jugendamt schritt ein und O. durchwanderte, bis er 18 wurde, eine ganze Reihe von Heimen. Vor einem Jahr versuchte er erneut, sich umzubringen, kam anschließend in Therapie. "Da haben sie mich auf Tabletten gesetzt und links liegen gelassen", sagt O. Ein Gefühl, das ihn auch in der Untersuchungshaft nicht losließ: Als sein Wunsch nach einer Psychotherapie nicht erfüllt wurde, verweigerte er sich fortan den Beamten. "Im Knast ist mir alles scheißegal, ich lasse mir nichts mehr sagen", erklärte er vor Gericht. Der Brief an Richter Aden und die guten Vorsätze schienen vergessen.

"Sie haben hervorragende Einsichten - was ihnen fehlt, ist das Durchhaltevermögen", redete Aden in seiner Urteilsbegründung O. ins Gewissen. Zweieinhalb Jahre hat dieser nun Zeit, zu sich selbst zu finden, eine Drogentherapie zu beginnen und den Schulabschluss nachzuholen. Aden: "Das sind eine ganze Menge Chancen - es liegt an Ihnen."

"Zu Hause gab es jeden Tag Prügel."

Damian O. verurteilt wegen räuberischer Erpressung und gefährlicher Körperverletzung