Schwarzenbek (cus). Der Dolmetscher war bestellt, die Zeugen geladen - nur der Angeklagte war nicht da. Offenbar, mutmaßte Richterin Insa Oppelland, habe der in Geesthacht lebende Vietnamese die Vorladung nicht lesen können.

Auch die Anklage, stellte sie dann fest, sei ihm auf Deutsch zugestellt worden.

Der Vietnamese soll in Geesthacht einen türkischstämmigen Mann mit einem Messer am Oberschenkel verletzt haben. Der musste mehrmals operiert werden, zieht seitdem das Bein beim Gehen nach. Nachdem Richterin Oppelland die Sitzung bereits vertagt und die Zeugen nach Hause geschickt hatte, klopfte es an der Saaltür: Der Angeklagte lugte herein und entschuldigte sich für sein Zuspätkommen. Anschließend war er kaum zu bremsen, als er sich ungefragt zum Tatvorwurf äußerte - auf Vietnamesisch. "Sie bekommen die Anklageschrift in ihrer Muttersprache zugesendet und einen Pflichtverteidiger beigeordnet", bremste Oppelland den Redefluss. Wahrscheinlich wird sich auch noch ein Gutachter mit der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten beschäftigen müssen, an der Zeugen wie Richterin so ihre Zweifel hatten.