Nicht nur Ausgaben kommen jetzt auf den Prüfstand, auch die Hebesteuersätze werden steigen.

CDU-Fraktionschef Hans-Joachim Delfs war ratlos: "So etwas habe ich in 35 Jahren Kommunalpolitik noch nicht erlebt." Und Stadtrat Egon Siepert (SPD) machte sich selbst Mut: "Im Grunde ist unsere Stadt gut aufgestellt." Auslöser für die Ratlosigkeit bei den Kommunalpolitikern ist die schon seit langem erwartete Entscheidung der Ratzeburger Kommunalaufsicht über den Haushalt 2009. "Unser Haushalt wurde komplett abgelehnt", sagt Bürgermeister Frank Ruppert. In einer interfraktionellen Sitzung haben die Politiker gestern Abend über Konsequenzen beraten.

Mit der Anhebung von Hunde- und Vergnügungssteuer hatte der Finanzausschuss schon einige kommunale Gebühren erhöht (wir berichteten), doch jetzt kommen auch Grund- und Gewerbesteuer auf die Tagesordnung. Das haben Kommunalaufsicht und Landrat der Stadt zumindest dringend angeraten. "In intensiven Gesprächen wurden uns Wege aufgezeigt, um in diesem Jahr doch noch einen genehmigungsfähigen Haushalt zu erreichen", so Ruppert. Bisher liegt der Satz für die Gewerbesteuer bei 310 Prozent, könnte künftig auf 350 Prozent wie in Ratzeburg oder Lauenburg steigen. Die Ausschöpfung aller Einnahmemöglichkeiten ist die Voraussetzung, um Fehlbedarfszuweisungen des Landes zu erhalten.

Doch es muss auch kräftig gespart werden. Ruppert: "Wir haben ein strukturelles Defizit, das wir in den letzten Jahren dank Zuschüssen für Bauprojekte oder Gewerbesteuernachzahlungen immer wieder ausgleichen konnten." Zurzeit darf die Stadt alle vertraglichen Verpflichtungen weiter erfüllen, jedoch keine neuen Projekte beginnen: Einen Baustopp am alten Gymnasium wird es deshalb nicht geben, der Umbau der Compeschule zur Kita und der Umzug der Grundschüler an die Berliner Straße sind jetzt jedoch fraglich. Auch der Umbau der Kreuzung Lauenburger Straße/Meiereistraße ist verschoben.

Auch für Vereine brechen harte Zeiten an: Städtische Zuschüsse wird es auf absehbare Zeit nicht mehr geben. So kann ein bereits im Haushalt eingestellter Zuschuss für ein Kühlfahrzeug für die Schwarzenbeker Tafel jetzt nicht mehr ausgezahlt werden. Selbst die bereits auf Kinder- und Jugendsport reduzierten Zuschüsse für Übungsleiter stehen zur Disposition. Ruppert: "Das geht nur mit dem Okay der Kommunalaufsicht."

Durch die rund neun Millionen Euro teure Sanierung des alten Gymnasiums, einen Einbruch bei Gewerbe- und Einkommensteuer von rund 2,5 Millionen Euro verdoppelte sich 2009 die Schuldenlast auf fast 20 Millionen Euro. Die Verschuldung pro Einwohner stieg von 646 Euro (2008) auf aktuelle 1281 Euro.