Schwarzenbek. Wer im Rülauer Forst nicht die Wege entlang, sondern mitten durch den Wald geht, stapft über dick mit Laub bedeckten Boden, steigt über mit dichtem saftig grünem Moos oder von Pilzen bedeckte Baumstümpfe und vom Wind gefällte Stämme - typisch für den Rülauer Forst.

Eckhard Wenzlaff, Förster bei der Stiftung Naturschutz, führte bei einer "Extratour" erstmals Besucher durch dieses Gebiet im Süden Schwarzenbeks. Das 300 Hektar große Areal hatte die Stiftung im vergangenen Jahr gekauft und will es zu einem Urwald werden lassen.

"Dieser Wald ist über die Jahrhunderte immer sehr gepflegt worden", erzählt Wenzlaff. Sowohl zur Holzgewinnung als auch als Quelle für das Viehfutter diente er den Anwohnern. Hirten trieben hier ihre Schweineherden hindurch, die sich an den Früchten des Waldes labten.

Vor allem mit Laubbäumen ist das Stück bewachsen. Nadelgehölze haben wegen des lehmigen Bodens keinen guten Stand. Ihre flachen Wurzeln schaffen es nicht, den schweren Untergrund genügend zu durchdringen.

Nadelgehölze sollen ihrem Schicksal überlassen oder vereinzelt gefällt werden und durch Laubbäume wie Espen ersetzt werden. "Das passiert aber über Jahrhunderte", sagte Wenzlaff. Das Totholz als Merkmal natürlicher Wälder bildet die Grundlage für viele Pflanzenarten, Insekten und Pilze, die ihrerseits wieder die Lebensgrundlage für viele andere Lebewesen sind. Dieser Wald könnte wieder die Heimat für Laubfrösche, Mittelspechte und Zwergschnäpper werden.

Auch der Große Eisvogel - ein Edelfalter mit 75 Millimeter Flügelspannweite - wurde hier einmal gesichtet und könnte wieder kommen. Dieser große Schmetterling, der nur in Laubwäldern mit Espen vorkommt, interessiert sich nicht für Blüten, sondern wird von üblen Gerüchen wie beim Aas angelockt. Der Falter saugt an Baumsaft, Boden oder auch an Schweiß Mineralien auf.

Auch der Balkenschröter fühlt sich im Laubwald mit viel Totholz wohl. Der Käfer ernährt sich von Baumsaft und Blättern und benutzt dafür seine ausgeprägten scharfen Mundwerkzeuge am kräftigen Kiefer.

Im südöstlichen Teil des Rülauer Forstes macht Wenzlaff nahe des Knotensteigs Halt. Wenzlaff sagt: "So, hier beginnt jetzt der Urwald. Hier machen wir gar nichts mehr. Hier entscheidet allein die Natur, was passiert." Für Spaziergänger und Naturfreunde ist das keine Einschränkung, sondern gehört zum Konzept der Stiftung. "Wir wollen, dass die Leute den Wald kennenlernen und sich an der Wildnis erfreuen", erläutert der Förster.

Ein paar Meter weiter bleibt er an einer alten Buche stehen. Ihr Stamm ist vor Jahren umgebrochen und trieb wieder ausladende frische Äste nach - ein Paradies für viele Lebewesen. "Das ist das Gold des Waldes", schwärmt Wenzlaff. Doch er hat noch mehr Interessantes zu zeigen: eine mehr als 200 Jahre alte Eiche mit einem imposanten Stammumfang von vier bis fünf Metern. Die ausladende Krone lädt zur Rast unter ihrem Dach ein und der knorrige Stamm beflügelt die Fantasie.