Reinbek (hof). In Reinbek leben an die 4500 Menschen, die mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen klarkommen müssen, sagt Torsten Christ vom Sozialamt.

Grund genug für die Stadt, am Donnerstag, 28. Mai, zum ersten Mal einen Beauftragten für Menschen mit Behinderung wählen zu lassen. Wahlberechtigt sind alle Reinbeker, die einen Schwerbehindertenausweis besitzen oder aber einen Feststellungsbescheid über mindestens zehn Prozent vorlegen können. Wählbar sind natürlich auch Reinbeker ohne Handicap. Sie müssen jedoch seit mindestens drei Monaten in Reinbek leben.

Drei mögliche Kandidaten für die ehrenamtliche Aufgabe stellten sich gestern im Seniorentreff Jürgen-Rickertsen-Haus vor. Weitere Anwärter können sich auch noch direkt am Wahltag melden.

Für Ludwig Krane (70), der seit 1981 im Stadtteil Krabbenkamp lebt, ist das eigene behinderte Kind Motivation, sich für andere einzusetzen. Der inzwischen 45-jährige Sohn, der das Down-Syndrom hat, arbeitete in einer Behindertenwerkstatt in Ahrensburg und wohnt in Bad Oldesloe. "Viel lieber aber würde er hier in Reinbek leben", so der Vater. Bislang gibt es hier jedoch keine Wohnstätten für geistig behinderte Erwachsene. "Das möchte ich ändern und dafür kämpfen", sagte Ludwig Krane, der auch Vorstandsarbeit im Verein Lebenshilfe leistet. Ideal sei das ehemalige Haus der sozialen Dienste, das die Stadt an die Lebenshilfe verpachten könnte, die dort dann entsprechenden Wohnraum schaffen würde.

Norbert Dähling gehört selbst zum Personenkreis der Menschen mit Behinderungen. Er leidet an Multipler Sklerose und sitzt seit ein paar Jahren im Rollstuhl. Lebensmut und Kampfgeist hat der 63-jährige Reinbeker und Vater zweier erwachsener Töchter jedoch nicht verloren. Er gab den Anstoß zur Wahl eines Behindertenbeauftragten. Dass er sich letztes Jahr an einem Bordstein seinen Rollstuhl kaputt fuhr, war nur der letzte Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte. Seit er zum Rollstuhlfahrer geworden ist, bemerkt er zahlreiche Mängel, die behinderten Menschen das Leben schwer machen. "Warum nimmt Reinbek keine Rücksicht auf behinderte Menschen?", fragte sich Dähling und will das nun ändern.

Erich Wollenberg, der sich ebenfalls zur Wahl stellen wird, wünscht sich auf jeden Fall mehr Rücksichtnahme und Aufmerksamkeit für behinderte Menschen. "Ein Behindertenbeauftragter muss zudem in der Lage sein, alle Vereine und Verbände, die es in Reinbek gibt, zusammenzubringen", sagte er bei seiner Vorstellung. Sein besonderes Augenmerk liegt auf baulichen Veränderungen öffentlicher Gebäude sowie behindertengerechten Wegen und Straßenübergängen. Besonders ärgerlich findet der 61-Jährige, dass Damen- und Behinderten-Toiletten immer "in einen Topf" geworfen werden. Er verlangt, dass es überall an öffentlichen Plätzen je ein WC für Damen, Herren und Menschen mit Behinderungen geben muss. So wie im Rickertsen-Haus, mit dem alle Kandidaten äußerst zufrieden sind. Hier findet auch die Wahl am 28. Mai um 17 Uhr statt. Vorher hält Jörg Adler vom Paritätischen Verband Schleswig-Holstein einen kurzen Vortrag zum Thema Behindertenhilfe.