Gülzow (cus). Vor 100 Jahren bekam man für einen Groschen (zehn Pfennige) im Gülzower Kolonialwarengeschäft Land fünf Zigaretten, eine Tafel Schokolade oder ein Glas Bier.

Zur gleichen Zeit regten sich die Gülzower über einen Hamburger auf, der im Frühjahr die Weidenkätzchen abschnitt um sie in der Hansestadt zu verkaufen, der Gutsarbeiter Jarms verunglückte mit einem Leiterwagen, als ihm die Pferde durchgingen, eine Spar- und Darlehenskasse wurde gegründet und der Ortsverein der SPD. Mit einer Festveranstaltung am 28. Juni und einer Radtour am Sonnabend, 16. Mai, feiert die SPD das Jubiläum.

Bemerkenswert und ein Zeichen für die gute Atmosphäre in der Gemeindevertretung: SPD und CDU laden gemeinsam zur Fahrradtour ein. Los geht es um 14 Uhr am Markttreff, Hauptstraße 21.

So gut war das Verhältnis zwischen Bürgerlichen und "Sozis" nicht immer: Im Kaiserreich engagierten sich die in Gülzow und Neu-Gülzow lebenden Sozialdemokraten in dem im Jahr 1900 in Grünhof-Tesperhude gegründeten SPD-Ortsverein. Manche tarnten ihre Aktivitäten und trafen sich im Arbeiter-Gesangverein "Frohsinn Gülzow" oder im Gülzower Radfahrerverein.

Die meisten der Genossen waren Arbeiter in den Geesthachter Sprengstofffabriken. Drei Jahre nach der Gründung der Gülzower SPD im Jahr 1909 hatte die Ortsgruppe bereits 36 Mitglieder und drei Sozialdemokraten saßen in der Gülzower Gemeindevertretung. Bis 1914 wuchs die Zahl sogar auf 67 Mitglieder. Weil die SPD im Ersten Weltkrieg Kriegskredite mit trug, schlossen sich die Gülzower den unabhängigen Sozialdemokraten (USPD) an, der späteren KPD. Die Mehrzahl kehrte jedoch in den 20er Jahren zur SPD zurück.

Nach 1945 waren es dann Sozialdemokraten, die Geschicke Gülzows in die Hände nahmen: Mit Rudolf Olandt (1946-1948), Herbert Jäke (1948-1962) und dem im November verstorbenen Rudolf Grote (1978-1990) stellte die SPD bisher drei Bürgermeister.