Es gibt weder Flüsse noch Seen, und doch treiben Fischwilderer in der Europastadt ihr Unwesen. Ihr Revier sind die zahlreichen Regenrückhaltebecken. Ob an der Kollower Straße, im Sierrepark oder an der Kerntangente - überall findet Hartmut Ulrich die Schnüre der illegalen Angler, und manchmal ertappt er die Fischdiebe auch auf frischer Tat.

"Ich zeige dann meinen Ausweis vor und fordere sie auf, die Angel aus dem Wasser zu nehmen und mir ihre Personalien zu geben", sagt Ulrich, der seit neun Jahren als ehrenamtlicher Fischereiaufseher die Becken kontrolliert. Falls sich der Angler weigert oder wenn Ulrich auf eine Gruppe trifft, alarmiert er sofort die Polizei. Fischwilderei ist eine Straftat. Den Tätern drohen hohe Geldstrafen, bei Wiederholungstätern kann sogar eine Freiheitsstrafe verhängt werden.

Wie viele Fischwilderer der 47-Jährige im letzten Jahr erwischt hat, will er nicht sagen. Es müssen eine Menge gewesen sein, allein die illegalen Angelschnüre füllten eine große Einkaufstüte. Das macht den Fischereiaufseher, der selber passionierter Angler ist, nicht gerade beliebt: Nach einer nächtlichen Kontrollfahrt waren am nächsten Morgen alle vier Reifen seines Autos zerstochen.

Ulrich kümmert sich um acht Regenrückhaltebecken im Stadtgebiet, die inzwischen durch Bepflanzungen und Fischbesatz zu wahren Biotopen geworden sind: Hechte, Karpfen, Schleie, Rotaugen und Karauschen leben in den Teichen, dazu kommen Fischreiher und Graugänse, die dort sogar brüten und ihre Jungen aufziehen. "Bis zum Neubau des Gymnasiums hatten wir an der Kerntangente sogar Rehe", sagt Ulrich, der dennoch nichts gegen Besucher an den Teichen hat: "So lange sie ihren Müll wieder mitnehmen."

Bei Fischwilderern kennt der Angler jedoch kein Pardon: "Ich versuche hier einen sich selbst erhaltenden Fischbestand zu schaffen. Da stört jeder Eingriff von außen." Auch selber angelt Ulrich nicht in den Teichen: "Die sind an die Regenwasserkanalisation angeschlossen." Eine Gewährleistung für die Gesundheit der Fische gibt es deshalb nicht. Gleichwohl lässt Ulrich immer wieder Fische durch einen befreundeten Biologen untersuchen - bis jetzt ohne Befund. Lediglich durch Sauerstoffmangel seien im heißen Sommer vor vier Jahren Fische im Sierrepark verendet - insgesamt 75 Kilogramm mussten aus dem Teich geholt werden.

Auch einen gut 30 Pfund schweren Karpfen holte Ulrich schon aus dem Wasser: Halb verendet, der Schlund des Fisches durch einen Angelhaken aufgerissen. "Ein Angler zieht den Fisch aus dem Wasser, sobald er angebissen hat. Diese illegalen Angelschnüre werden hingegen nur unregelmäßig kontrolliert", ärgert sich der Fischereiaufseher. Doch nicht nur Fische verenden so über Tage hinweg auf qualvolle Art und Weise: Ulrich muss oft auch tote Wasservögel einsammeln, die arglos das am Haken hängende Brotstückchen gefressen haben.

Wer den Fischereiaufseher unterstützen will oder Auffälligkeiten an den Teichen entdeckt hat, kann sich unter (0 41 51) 8 67 50 87 melden.