Schwarzenbek (wb). Betörende Düfte und grausame Morde - diese beiden Themen beschäftigen die Menschen in der Seine-Metropole des 18. Jahrhunderts.

In Patrick Süskinds Roman "Das Parfum" ist Jean-Baptiste Grenouille in Paris auf der Suche nach dem perfekten Duft und mordet dafür hemmungslos gut riechende Frauen. Der Roman aus dem Jahr 1985 wurde 2006 mit Dustin Hoffman verfilmt.

Für den Leser oder Kinobesucher ist "Das Parfum" entweder eine spannende Kriminalgeschichte, ein gruseliger Historien- oder ein geschickt komponierter Künstlerroman. Für Professor Albert Meier von der Universität Kiel ist die Geschichte über Grenouille und seinen perfekten Geruchssinn ein Paradebeispiel für Literatur in der Postmoderne. Auf Einladung der Universitätsgesellschaft erläuterte der Literaturwissenschaftler anschaulich und unterhaltsam anhand bekannter Beispiele die Kennzeichen postmodernen Schriftguts. Meier: "Dabei geht es nicht mehr um die Trennung zwischen anspruchsvollem und unterhaltendem Erzählen.

Diese Romane sind so konzipiert, dass sie sowohl einem Experten als auch der breiten Masse Freude bereiten." Diese Wirkung wird durch verschiedene Techniken erzielt: Typisch für Romane der Postmoderne sind die unterschiedlichen Möglichkeiten der Interpretation. "Das Parfum" kann je nach Vorliebe und Bildung des Lesers verschiedenen Romantypen zugeordnet werden. Außerdem wird in postmoderner Literatur der Anspruch der Innovation aufgegeben, der in der Erzählkunst der Moderne der 1920er-Jahre entwickelt wurde. In der Postmoderne ist es nicht mehr möglich, eine neue Geschichte zu erfinden, weil alles schon einmal erzählt wurde. Postmoderne Autoren binden stattdessen vorhandene Textfragmente bekannter Erzählungen in ihre Geschichten ein. "Und er sah, dass es gut war . . .", lässt Süskind Parfumeur Grenouille einen Satz aus der Bibel zitieren. Meier: "Die Szene ist für jeden verständlich - auch ohne christlichen Hintergrund. Der eine freut sich über die Bibelstelle, der andere hat Spaß an der Kriminalgeschichte. Die Erwartungen an gute Literatur sind für beide erfüllt." Es liegt auch in der Hand des Lesers, Süskinds Hauptfigur einzuordnen, ihn einen Mörder oder ein Genie zu nennen. Auch "Der Name der Rose" oder "Die Entdeckung der Langsamkeit" - allesamt Bestseller - gehören zur postmodernen Literatur.