Geesthacht. Erstmals fand in Geesthacht ein derartiges Event auf der Promenade statt. Am Rande: Interessanter Vorschlag für Menzer-Werft-Platz.

Das machte Lust auf mehr. Die erste Geesthachter Klassik-Meile im Rahmen des Kultursommers am Kanal am Sonntag, 30. Juli, war ein voller Erfolg. Auf der engen Promenade entlang des Geesthachter Hafens hatte man das Gefühl, die Bewohner der halben Hafencity seien aus ihren Wohnungen heruntergekommen, so voll war es.

Zum nieseligen Beginn mit Violinistin Isabelle Villanueva hatten sich bereits gut 60 Zuhörer eingefunden. Als das Wetter sich besserte, war die Pilgerschar, die vom Auftakt beim Pier 3 bis zum Ende der Bebauung flanierte, auf gut 250 Menschen angewachsen.

Als Isabelle Villanueva auf der Violine die Klassik-Meile eröffnete, begann es zu regnen. Kurzerhand wechselte sie die Seite und spielte unter dem Überhang der Wohnungen an der Hafencity einfach weiter.
Als Isabelle Villanueva auf der Violine die Klassik-Meile eröffnete, begann es zu regnen. Kurzerhand wechselte sie die Seite und spielte unter dem Überhang der Wohnungen an der Hafencity einfach weiter. © Dirk Palapies

Es wurde heiß – die Tänzerin baute einen Taschenventilator in die Performance ein

Isabelle Villanueva hatte sich um 14 Uhr ganz formlos vors Geländer zum Wasser gestellt und „Hallelujah“ der verstorbenen kanadischen Songschreiber-Legende Leonard Cohen intoniert. Als es kurz drauf zu tröpfeln und schließlich kräftig zu regnen begann, wechselte sie kurzerhand die Seite und spielte auf der anderen Seite gut geschützt einfach weiter.

Zu ihr gesellte sich Tänzerin Gifty Lartey, die zu jedem Musikvortrag eine Tanzperformance beisteuerte. Aber die grauen Wolken hielten nicht lange vor. Schnell ließ sich wieder die Sonne blicken und es wurde so warm, dass sich die bei ihren Bewegungen kräftig ins Zeug legende Gifty Lartey schließlich bei der nächsten Station kühlende Luft von einem elektrischen Taschenventilator holte.

Durch junge Künstler soll der Bogen geschlagen werden zu jungen Besuchern

Eine illustre Mischung von Künstlern mit völlig unterschiedlichen Instrumenten hatte der Fachbereich Jugend, Sport und Kultur der Stadt Geesthacht zusammengestellt. Mit dem Schwerpunkt auf junge Künstler, sagte Geesthachts Veranstaltungsmanagerin Jaclyn Hernandez, die eine kurze Eröffnungsrede hielt. So solle der Bogen geschlagen werden, um auch junge Zuhörer für diese Musik zu begeistern.

Nach dem Auftakt mit Isabelle Villanuevas Violine ging es weiter bis zum derzeitigen Ende der Promenade. Dort bezauberte Ulrike Freistedt an der Harfe unterhalb des Baufeldes, auf dem das neue Seniorenzentrum und das Seglerheim entstehen sollen.

Solche Klänge hatten viele Zuschauer noch nicht gehört

Für das meiste Staunen aber sorgte zwischendurch Saliou Cissokho auf der zweiten Station – und für sehr viel Applaus. Fehlten eigentlich nur die „Bravo“-Rufe. Er schickte auf Höhe des ehemaligen Café Elbchic Klänge über das Wasser, die die meisten hier noch nie gehört haben dürften. Saliou Cissokho ist ein Meister auf der Kora, ein in Europa eher selten zu hörendes Instrument. Sie gilt als afrikanische Harfe und ist vor allem in Westafrika sehr verbreitet.

Und sein Auftritt sorgte auch optisch für globales Flair: Saliou Cissokho begann in einer Jacke, als die Sonne durchbrach, spielte er in einem klassischen, bunten afrikanischen Gewand weiter. Er machte nicht nur fantastische Musik, sondern erklärte zudem ganz nebenbei, wie das kompliziert aussehende Instrument zu spielen sei. „Die Kora hat 23 Saiten““, sagte er. „Daumen links, jetzt Daumen rechts, und die Finger improvisieren“, meinte er zum Anschlagen der Saiten. Alles ganz einfach also.

Wunsch nach einer Fortsetzung bei den meisten Besuchern

Nun hoffen viele, dass die erste Klassikmeile am Hafenrand eine Ouvertüre war für eine Fortsetzung im kommenden Jahr. Unter den Gästen waren auch Bürgermeister Olaf Schulze, er versprach, über eine Wiederholung nachzudenken.

Ulrike Freistedt an der Harfe bildete die dritte Station. Sie spielte dort, wo das Seglerheim an der Promenade entstehen soll.
Ulrike Freistedt an der Harfe bildete die dritte Station. Sie spielte dort, wo das Seglerheim an der Promenade entstehen soll. © Dirk Palapies

Das Ziel sei, mehr kulturelle Vielfalt nach Geesthacht zu bekommen und den Westhafen mehr anzubinden. „Das wertet das Quartier ja auch auf“, sagt Olaf Schulze sichtlich erfreut über den gelungenen Auftakt. Er selbst habe einen breitgefächerten Musikgeschmack von Klassik bis Rock. Wichtig: Das Konzept von umsonst und draußen beizubehalten. „Die Stadt ist gut beraten, wenn sie Dinge anbietet, die nichts kosten“, meint Olaf Schulze.

Warum nicht mal internationalen Stars eine Fläche bieten

Der Bürgermeister könnte sich auch eine stärkere kulturelle Nutzung des Menzer-Werft-Platzes gut vorstellen etwa mit Künstlern, die aus Geesthacht kämen, vielleicht mal ein Festival mit Kleinkunst. Olaf Schulze war selbst früher Mitglied in einer Gesangsformation, die sich die Comedian Disharmonists nannte.

In diese Kerbe schlug auch Bürgervorsteher Arne Ertelt. „Ich finde die musikalische Vielfalt gut, diese Veranstaltung heute kann man etablieren“, wünscht er sich. Auch Arne Ertelt plädiert für eine stärkere Nutzung des Menzer-Werft-Platzes. Das sei eine Super-Veranstaltungsfläche findet er, und hängt die Latte dafür gleich richtig hoch.

„Warum sollten es nicht auch mal internationale Stars sein, die dort auftreten?“, fragte er. Arne Ertelt ist ein großer Fan des englischen Musikers Sting. „Ich habe ihn 2017 in Uelzen gesehen, der Platz dort war auch nicht größer als unserer“, berichtet er.

Und die Anwohner? Beim nicht mehr vorhandenen Café Elbchic hatte es immer wieder Ärger wegen des Lärms von Gästen gegeben. Ganz anders hörte sich jetzt Christian Henkel an: „Es war mega, das könnte es öfter geben.“