Geesthacht. Beim Prozess wegen Brandstiftung bleiben auch nach Abschluss der Beweisaufnahme viele Fragen offen.

Am Freitag, 24. März, sollen die Plädoyers vor dem Landgericht Lübeck gehalten werden, es könnte das Urteil fallen im Fall einer schweren Brandstiftung in Geesthacht. Aber auch zum Abschluss der Beweisaufnahme gibt es nichts, was die Hintergründe der Tat erklärt. In der Nacht zum 22. September 2019 brannten auf einem Gelände an der Steglitzer Straße neun Lkw eines Baustoffhändlers aus. Das „Warum?“ bleibt so wenig greifbar wie das „Wer war es?“. Der Nachweis, dass irgendjemand einen Vorteil aus den Vorgängen ziehen konnte, ist nicht erbracht worden.

Als Angeklagtemüssen sich verantworten Carsten F. (alle Namen von der Redaktion geändert), ein Mitbewerber der Firma in Geesthacht und der ihm bekannte Max T., den er angestiftet haben soll, den Brand zu legen, so der Vorwurf. Max T. soll es wegen einer Belohnung getan haben, um mit dem Geld seine Drogensucht zu finanzieren.

Prozess wegen Brandstiftung: Im Jugendheim begannen die Probleme

Sowohl Carsten F. als auch Max T. machen zum Abschluss der Beweisaufnahme freiwillig persönliche Angaben, zur Tat selbst gibt es keine Aussagen von ihnen. Max T. wurde 1970 in Geesthacht geboren, beide Eltern sind verstorben. 1980 kam er ins Jugendheim nach Schleswig. „Dort begannen die Probleme“, sagt er. 1987 sei er drogenabhängig geworden. Mittlerweile hat Max T. eine Menge auf dem Kerbholz.

26 Einträge listet das Bundeszentralregister beim Bundesamt für Justiz über ihn auf. In dem Archiv werden unter anderem strafgerichtliche Verurteilungen durch deutsche Gerichte eingetragen. Der Unternehmer Carsten F. ist gelernter Zimmerer, hat seinen Betrieb vom Vater übernommen. Über ihn findet sich im Bundeszentralregister kein einziger Eintrag.

Brandstiftung passt nicht annähernd in das Profil des Angeklagten

Wie ein roter Faden ziehen sich dagegen Straftaten und Verurteilungen durch das Leben von Max T. Auch zurzeit ist er in Haft. Es sind vor allem Einbrüche in Geschäfte, aber auch häufiges Fahren ohne Führerschein und Delikte wegen Drogen. Max T. hatte eine Wohnung in Lauenburg, seine Spuren verlaufen vornehmlich im Südkreis.

Neun Lastzüge brannten auf einem Gelände eines Baustoffhändlers an der Steglitzer Straße im September 2019 aus.
Neun Lastzüge brannten auf einem Gelände eines Baustoffhändlers an der Steglitzer Straße im September 2019 aus. © Christoph Leimig | Christoph Leimig

Er stieg unter anderem ein in Firmen in Schwarzenbek (Radladen), Lauenburg (Mr. Burger, Optiker Hoffmann, Wasser und Wärmetechnik), Geesthacht (Restaurant Mykonos II und Fährhaus Ziel), war aber auch tätig in Bergedorf und Blankenese, in Lüneburg und Itzehoe. Aber so eine Tat wie eine Brandstiftung ist nicht einmal annähernd dabei. Sie passt so gar nicht in sein Profil. „Der Vorwurf belastet mich schwer“, sagt Max T. dem Gericht.

Winzige Partikel belasten einen der Angeklagten schwer

So könnte man nach dem, was im Prozessverlauf zu hören war, den Eindruck gewinnen, dass es sich bei dem Vorwurf gegen Max T. um einen Irrtum handeln müsse. Dass an der Anschuldigung seiner Freundin, er sei es gewesen, der die Lkw angeblich im Auftrag von Carsten F. in Brand gesetzt habe, nichts dran sei. Dass es sich um einer dieser ausgedachten Geschichten handele, die Carmen Z. wohl häufiger über die Lippen gekommen seien, wie Familienangehörige als Zeugen berichteten. Carmen Z. ist zwischenzeitlich verstorben.

Aber dann gibt es da noch diese Funde in Tatortnähe, die nicht ins Bild passen wollen. Winzige Partikel sind es, die Max T. schwer belasten. Im nahen Gleisbett fanden die Ermittler Gartenhandschuhe und einen Seitenschneider. Im linken Handschuh ergab sich nach einer Überprüfung durch ein Fachlabor eine DNA-Spur zu Max T. Und an den Schnittflächen des Maschendrahtzauns zum Gelände, der mit dem Seitenschneider durchtrennt wurde, blieben Faserreste eines Kleidungsstückes hängen.

Wurden die Bewegungsmelder schon bei Tag verdreht?

Ein nun pensionierter ehemaliger Kripobeamter (61) aus Geesthacht sagte als Zeuge aus. „Ich habe bei Dienstbeginn am 23. September vom Brand erfahren, auch, dass ein Verdacht auf Brandstiftung vorlag“, erzählt er. Erdproben erbrachten aber keine Hinweise auf einen Brandbeschleuniger. Aber der Stoff, zu dem die Faserchen passen, wurde gefunden.

Bei Carmen Z. ließ sich der Ermittler einen Kleiderschrank zeigen, in dem Sachen von Max T. liegen sollten. Bei einer blauen Sporthose gab es einen Treffer. Aber: Stammt die Kleidung wirklich von Max T.? Das ist wie so vieles in diesem seltsamen Fall nicht wirklich sicher. Als Max T. ins Gefängnis musste, zog bei Carmen Z. ein anderer Mann ein. Die Hose könnte auch von ihm sein.

Möglicherweise sei Max T. schlichtweg zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen

Kerstin Raber, die Anwältin von Max T., hat zudem ein Problem mit auf dem Gelände verdrehten Bewegungsmeldern. Sie glaubt, dass man sich ihnen nachts nicht nähern könne, ohne sie auszulösen. Ihre Vermutung: Sie müssten bereits bei Tageslicht verdreht worden sein. Zudem fragt sie, wie es möglich gewesen sei, die zum Teil außer Reichweite hängenden Melder ohne Hilfsmittel oder Leiter zu erreichen?

Kerstin Raber beantragte eine Tatortbegehung in Geesthacht. Der Prozessabschluss mit den Plädoyers am Freitag soll jedenfalls wie vorgesehen stattfinden, hieß es vom Landgericht.

Wenn so vieles nicht zusammenpasst, bleibt Raum für Spekulationen. So war diese Variante hinter vorgehaltener Hand in Lübeck zu hören: Dass Max T. im September 2019 mal wieder auf Einbruchstour gewesen sein könne, aber mit dem Brand nichts zu tun habe. Möglicherweise sei er schlichtweg zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen.