Von Freya Margarethe Baier

Dassendorf/Lütjensee.
"Das tat ja gar nicht weh!" Ich stelle erstaunt fest, dass sich die Nadel bereits in meinem linken Arm befindet. Mein Blut fließt schon in den Spendenbeutel. "Mit dem Greifball helfen Sie mit, dass Ihr Blut schneller fließt", erklärt mir Schwester Sonja Beuster. Sie ist seit knapp 20 Jahren für das Blutspende-Team des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) aktiv und betreut mich bei meiner Blutspende in der Dassendorfer Grundschule Bornweg.

Über 750 Blutspenden werden jeden Tag in Hamburg und Schleswig-Holstein benötigt. Fast 75 Prozent davon deckt der Blutspendedienst Nord-Ost des DRK ab. Täglich sind neun Teams bei Spendenterminen im Norden unterwegs. 64 Spender kamen an diesem Tag nach Dassendorf - darunter auch ich.

Schon die Begrüßung ist herzlich. Weil es warm ist, gibt es gleich einen Becher Wasser. Ausreichend zu trinken ist für die Spende wichtig, wird mir gesagt. Denn dem Körper wird Flüssigkeit entzogen. 500 Milliliter Blut werden abgezapft. Bevor es so weit ist, werde ich durchgecheckt. Einen Fragebogen muss ich ausfüllen. Das DRK will wissen, ob ich Medikamente nehme. Wann ich zuletzt krank war. Damit soll ausgeschlossen werden, dass Spender Infektionen haben. Bevor es weitergeht, muss ich mich noch entscheiden, ob mein Blut verwendet werden darf oder vernichtet werden soll.

Arzthelferin Ute Larsen nimmt mir einen Tropfen Blut ab. "Damit überprüfen wir den Eisengehalt", erklärt sie. Frauen müssen mindestens einen sogenannten Hämoglobinwert (roter Blutfarbstoff, Hb-Wert) von 12,5 haben - Männer 13,5. "Ist der Wert darunter, darf nicht gespendet werden", sagt Ute Larsen. Denn der Eisengehalt sinkt nach der Spende. Eisen benötigt unser Körper, um Sauerstoff im Blut zu binden.

Nach fünf Minuten ist der halbe Liter abgezapft

Mit einem winzigen Piks in die Fingerkuppe wird mir Blut abgenommen. Während ein Gerät den Hb-Wert bestimmt, misst die Arzthelferin noch meine Temperatur. Alles ist bei mir okay. Also geht es weiter zum Arzt. Dort wird Blutdruck gemessen und der Fragebogen besprochen. Danach folgt die Blutabnahme.

Schwester Sonja kümmert sich liebevoll um die Spender. Ein kleiner Plausch bei der Spende darf nicht fehlen. So merke ich auch gar nicht, dass die Nadel schon längst in der Vene steckt. Nach gut fünf Minuten ist auch schon der halbe Liter Blut abgenommen, und ich darf mich am Büfett stärken.

Nachdem alle Blutspender versorgt sind, werden Kisten mit je zwölf Blutkonserven nach Lütjensee (Kreis Stormarn) ins DRK-Blutspendezentrum gebracht. Dort nimmt "Kurt" die Kisten in Empfang. "Kurt" ist der wichtigste Mitarbeiter, denn er arbeitet von 6 Uhr bis Mitternacht, ohne sich zu beschweren. "Kurt" ist ein Roboter, der die Blutspendekisten sortiert und ausgibt. "Die ältesten Proben bringt er immer zuerst zur Weiterverarbeitung", berichtet mir Dr. Bettina Lizardo, Leiterin der Herstellung, bei meinem Besuch in Lütjensee.

Bis zu 200 000 Konserven haben Platz im "Kurt"-Raum. "Im vergangenen Jahr hatten wir 150 000 Vollblutspenden hier", erzählt Lizardo. Auf zwei Säulen beruht das Blutspendesystem: Prüfung und Herstellung. In der Überprüfung werden die Blutspenden auf HIV, Hepatitis B und C sowie Syphilis untersucht. Parallel dazu wird das gespendete Blut in seine Bestandteile aufgespalten. "Erst wenn beide Verfahren abgeschlossen sind, werden die Konserven freigegeben", sagt Dr. Lizardo. Maximal 24 Stunden vergehen zwischen Abnahme, der Überprüfung und Weiterverarbeitung und der Auslieferung.

Spenderzahlen sind seit drei Jahren rückläufig

Nach dem Wareneingang wird das Vollblut in der Konserve zentrifugiert. Dabei setzt sich das Plasma nach oben ab. In der Mitte setzen sich die Thrombozyten (Blutplättchen) und weißen Blutkörperchen (Leukozyten) ab, der sogenannte "Buffy-Coat". Die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) wandern nach unten. "Mit einer Blutspende kann man drei verschiedenen Patienten helfen", erklärt Bettina Lizardo. Ich bin überrascht, dass meine Spende so viel bewirkt. Maximal 42 Tage können die roten Blutplättchen gelagert werden, wird mir beim Rundgang erklärt. Die Plasmaspende ist eingefroren bis zu zwei Jahre haltbar, nur vier Tage hingegen die Thrombozyten. Um eine Konserve mit Blutplättchen zu füllen, braucht das Labor vier Vollblutspenden.

Und das wird immer schwieriger. Seit 2012 sinken die Zahlen der Blutspenden kontinuierlich: von 149 165 auf 140 612 im vergangenen Jahr. Ein Rückgang um 5,73 Prozent. "Die zurückgehenden Spenderzahlen haben hauptsächlich mit dem demografischen Wandel zu tun", erklärt DRK-Pressesprecherin Susanne von Rabenau. Ältere Spender würden ausscheiden und jüngere seien schwer zu motivieren. "Das DRK versucht, dem entgegenzuwirken, indem Termine an Berufsschulen oder Unis durchgeführt werden. Das Problem wird jedoch weiter bestehen bleiben", vermutet von Rabenau.

Dabei werden immer mehr Blutspenden benötigt. 19 Prozent werden für Krebspatienten verwendet, 16 Prozent für Herzerkrankungen und Unfälle. "Die Bevölkerung wird immer älter, und dadurch gibt es immer mehr Erkrankungen", sagt Bettina Lizardo. Durch den Fortschritt der Medizin steigt der Bedarf an Blut jährlich um zwei Prozent. Das Spenderaufkommen steigt ebenfalls um 1,5 Prozent. Trotzdem spenden immer noch zu wenige. 33 Prozent der Deutschen dürften spenden, aber nur drei Prozent tun es. Dabei weiß ich: Blutspenden tut nicht weh.