Von Benjamin Reimers

Dassendorf/Lüneburg.
Unter ihrer Beteiligung soll insgesamt eine Tonne Rauschgift professionell angebaut und gehandelt worden sein - und zwar unter anderem in der Dassendorfer Mühle. Gestern begann vor dem Lüneburger Landgericht der Prozess gegen zwei Männer. Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten unerlaubtes, bewaffnetes Handeln mit Betäubungsmitteln in 23 beziehungsweise 25 Fällen vor.

Mit einem Lächeln im Gesicht betrat der 53-jährige Angeklagte gegen 9.15 Uhr den Sitzungssaal und zwinkerte seinen Angehörigen im Zuschauerraum zu. Sein 19 Jahre jüngerer Komplize schritt mit ernster Miene und perfekt sitzendem Hemd aus der Untersuchungshaft in den Raum und vermied jeden Blickkontakt mit Journalisten und Besuchern.

Der Stoff, den der Vorsitzende Richter Axel Knaack mit seinen vier Kollegen bis Ende Dezember aufarbeiten muss, ist schwierig und verworren. Spuren führen ins europäische Ausland nach Belgien und Polen - aber auch nach Dassendorf. Laut Anklageschrift mieteten die beiden Angeklagten Anfang 2007 Räumlichkeiten in der Dassendorfer Mühle, richteten eine Indoor-Drogenplantage ein und starteten im April des gleichen Jahres ihren Handel. Die gute Qualität der Cannabisprodukte sprach sich in der Szene offenbar schnell herum. Unbekannte versuchten in die Mühle einzubrechen, um an die Pflanzen heranzukommen. Der Versuch scheiterte. Einer der Beschuldigten bewachte offenbar über Wochen mit einer Pumpgun ausgestattet das Gelände. In dieser Zeit reifte auch der Plan zur Expansion. Im Lüneburger Stadtteil Goseburg werkelten die Angeklagten in einer Lagerhalle, bauten von der Öffentlichkeit unbemerkt eine moderne Belüftungstechnik ein und züchteten noch mehr Pflanzen. Insgesamt wechselte laut Anklage rund eine Tonne Rauschgift den Besitzer und sorgte für einen Umsatz in siebenstelliger Höhe. Der Hauptangeklagte, seit 2004 mit europäischem Haftbefehl gesucht, lebte seelenruhig in Buchholz/Nordheide (Kreis Harburg) und verkaufte auch dort an eine unbekannte Anzahl von Abnehmern binnen weniger Monate rund acht Kilogramm Marihuana.

Die Verteidiger sprachen sich für einen Strafrahmen aus, der zwischen zwei und vier Jahren liegen solle. Das stieß bei Oberstaatsanwältin Heike Lalla auf Ablehnung. "Das ist weit entfernt von meinen Vorstellungen." Sie sprach sich für eine zehnjährige Gefängnisstrafe aus.

Nachdem im Februar dieses Jahres die Handschellen geklickt hatten, kooperierte der ältere der Angeklagten mit der Polizei, berichtete von internen Geschäftsgebaren, nannte Hintermänner. Nach Auffassung von Verteidiger Moritz Klay ist sein Mandant bereit, weitere Strukturen der internationalen Rauschgiftszene zu nennen, was ihm zugute gehalten werden müsse. Die Verhandlung wird heute fortgesetzt. Ein Urteil ist nicht vor Dezember zu erwarten.