Von Jan H. Schubert

Geesthacht.
Mittwochnacht, 1.30 Uhr. Die Polizei wird in ein Wohngebiet gerufen. Mal wieder wegen Lärms. Nachbarn haben sich über einen Störenfried beschwert, weil dieser zur Schlafenszeit seine Musik laut aufgedreht hat. Die Beamten müssen den Unbelehrbaren noch mehrfach in dieser Nacht aufsuchen - am Ende nehmen sie seine Musikanlage mit.

Üblicher Polizeialltag im beschaulichen Geesthacht. Partykrach, laute Musik, Gröl-Arien, sogar Sex im Freien - die Bandbreite der Belästigung ist groß. "Subjektiv betrachtet haben sich die Ruhestörungen in den vergangenen Jahren gehäuft", sagen der stellvertretende Polizeichef Jürgen Hellwig und Timo Peters vom Geesthachter Ordnungsamt. Die Jahre 2013 bis 2015 lagen statistisch, was die Anzahl der Ruhestörungen angeht, auf deutlich höherem Niveau als jemals zuvor. Bis jeweils Mitte August wurden 200 Fälle (2014) beziehungsweise 170 Fälle (2013 und 2015) verzeichnet.

Sind Geesthachts Bürger rüpeliger geworden? Nicht nur: "Auch das Empfinden der Leute hat sich verändert. Sie sind sensibler, anzeigewilliger geworden", berichtet Hellwig, und: "Je unentspannter die allgemeine Lebenssituation des Einzelnen ist, desto stärker fühlt man sich dann im Privaten belästigt." Dass die Probleme mit dem Lärmenden nebenan nicht im gemeinsamen Gespräch geklärt würden, geschehe möglicherweise aus Angst. "Wir müssen schon einen Grund sehen, den Einsatz zu fahren. Angst vor dem Ruhestörer wird am häufigsten genannt", sagt Hellwig.

Ruhestörungen binden Einsatzkräfte mittlerweile über Stunden, gerade an Wochenenden. Hellwig: "Das ist schon sehr zeitintensiv, und diese Einsätze stellen eine relativ schwierige polizeiliche Situation dar. Wir wissen nie, was uns erwartet." Die Bandbreite reiche von aggressiven bis hin zu weinerlichen "Gastgebern", die nicht die Tür öffnen mögen.

Bei renitenten Unruhestiftern, die in mehreren Nächten unangenehm auffallen, arbeiten Polizei und Verwaltung eng zusammen. Sollte nach einer ersten mündlichen Verwarnung wieder etwas vorfallen, fällt dies in den Bereich der Ordnungswidrigkeit, und dann können Bußgelder ab 100 Euro verhängt werden. "Das kann bei Wiederholungstätern empfindlich werden, aber mehr als 300 Euro mussten wir bisher nicht erheben", sagt Timo Peters.

Schon im Vorfeld könne vermieden werden, dass überhaupt Streitigkeiten aufkommen: "Es hilft, vor einer Feier das Gespräch mit den Nachbarn zu suchen oder Aushänge zu machen", weiß Peters. Hellwig ergänzt: "Natürlich können wir keine Genehmigung zur Party erteilen. Manchmal hilft es, den Nachbarn mit einzuladen."