Von Kim Nadine Müller

Geesthacht.
Für diese Art der Völkerverständigung braucht es keine offiziellen Gremien, keine Städtepartnerschaften, keine große Politik - nur ein gemütliches Sofa. Das weiß die Geesthachterin Julia Dreilich ganz genau. Denn schließlich haben sich auf ihrer Couch schon Chinesen, Russen, Brasilianer, Kanadier, Schweden, Franzosen und diverse andere Nationen wohlgefühlt. Die 37-Jährige ist Couchsurferin. Das bedeutet: Menschen aus der ganzen Welt dürfen auf ihrem Sofa übernachten - vorausgesetzt, sie öffnen die eigenen vier Wände ebenfalls für Gäste. Bei Julia Dreilich waren schon über 60 Reisende zu Gast, aber auch sie selbst hat schon viele Sofas und Gästezimmer dieser Welt kennengelernt - nicht allein. Julia Dreilich "surft" mit Ehemann Jan (39) und den Töchtern Marie (10) und Kati (8).

"Ich bin durch meinen Bruder auf das Couchsurfing gekommen", erzählt die gelernte Altenpflegerin und berichtet auch von ihren anfänglichen Bedenken: "Ich habe gedacht, das kann man doch nur machen, wenn man ein Mann und Single ist."

Doch als die Familie aufgrund eines neuen Jobs des Mannes für acht Jahre nach Las Vegas in den USA übersiedelte, wurde Couchsurfing wieder zum Thema. "Wir wollten so gern mal in Kalifornien Urlaub machen - und alle Hotels waren so teuer." Also registrierten sich die Dreilichs im Couchsurfing-Portal im Internet (

Julia Dreilich betont, dass Couchsurfing nicht dafür gedacht sei, irgendwo kostenlos zu übernachten. "Es geht darum, andere Menschen und Kulturen kennenzulernen." Couchsurfing biete die Chance, wirklich zu erfahren, wie Menschen in einem anderen Land leben. "Wir bekommen von unseren Gastgebern auch immer Tipps, wo man zum Beispiel gut und günstig essen gehen kann", erzählt Dreilich. Oft esse man aber auch gemeinsam. "Mein Mann ist Koch. Als Dank haben wir häufig für unsere Gastgeber Essen zubereitet."

Seit 2008 ist die Familie mindestens einmal pro Jahr couchsurfen, mehr als 60-mal haben sie Reisende bei sich aufgenommen. "Wir mögen diese Art des Urlaubs. Unsere Kinder lernen dabei, wie man sich als Gast verhält, und wachsen als tolerante Menschen auf." Viele spannende Urlaubserlebnisse können sie verbuchen: Einmal haben sie in Kalifornien bei einem reichen Ehepaar übernachtet, just als die großen Waldbrände ausbrachen. "Gegenüber unserer Schlafcouch", erinnert sich Mama Dreilich, "war eine große Fensterfront. Als wir hinausblickten, haben wir die Flammen gesehen." Zusammen mit dem Hausbesitzer haben sie daraufhin dessen wichtigste Habseligkeiten ins Auto gepackt - für den Fall einer Evakuierung. Die Dreilichs wären am liebsten sofort losgefahren. "Aber unser Gastgeber war total entspannt und hatte vollstes Vertrauen in die Feuerwehr, meinte nur: 'Die sagen Bescheid, wenn es ernst wird.'"

Die Dreilichs machen kaum noch anderen Urlaub. Allerdings sei diese Art des Reisens nichts für zwei Wochen, eher für fünf bis sechs Tage: "Das ist sonst zu anstrengend." Übrigens könne man auch in Deutschland surfen: "Wir waren schon mal im Harz. Das war wirklich toll."