Von Kim Nadine Müller

Geesthacht.
Ein Junge winkt, ein Mädchen läuft auf ihn zu und schlingt ihm die Arme um die Beine, ein drittes Kind ruft fröhlich: "Hallo, Herr Spiegelhalder!" Es sind diese täglichen Szenen, die Schulleiter Ingo Spiegelhalder vermissen wird. Ab morgen ist Schluss damit. Der 63-Jährige geht nach 35 Jahren als Lehrer und Schulleiter an der Silberbergschule mit Ferienbeginn in den Ruhestand. "Ich war unheimlich gern Schulleiter und habe mich an der Silberbergschule immer zu Hause gefühlt", sagt Spiegelhalder.

Dabei ist der Geesthachter über Umwege zum Lehrerberuf gekommen. Eigentlich wollte er Bauingenieur werden, machte zunächst eine Ausbildung. Doch er merkte schnell, dass die Arbeit auf dem Bau nicht zu ihm passte. Er riss das Ruder rum und begann ein Lehramtsstudium in Lüneburg. Die Fächer: Sport, Mathe und Politik. Nach einem Referendariat an der Grundschule Wentorf wechselte Spiegelhalder 1981 nach Geesthacht an den Silberberg, wurde hier 1995 Schulleiter. Ein fast schicksalhafter Werdegang, denn: "Schon meine Eltern haben sich nach dem Krieg in dieser Schule kennengelernt, damals stand natürlich nur der alte Gebäudetrakt und der diente damals als Lazarett. Meine Mutter war Krankenschwester und mein Vater musste, weil er Kriegsgefangener war, hier in Quarantäne."

Seit Ingo Spiegelhalder die Schule führt, gab es zahlreiche bauliche und pädagogische Veränderungen - allen voran die Ausgliederung der Hauptschule in den 80er-Jahren. Immer wieder kämpft die Institution mit Platzmangel. "Den Höchststand hatten wir im Jahr 2000 mit 558 Schülern in 24 Klassen." Aktuell lernen hier knapp 460 Schüler in 20 Klassen. Für seinen Nachfolger - es gibt zwei Bewerber - sieht Spiegelhalder die Inklusion als die größte Herausforderung.

Auch die Integration von immer mehr Kindern mit Migrationshintergrund ist und wird Thema sein. "Diese Kinder allerdings mit bildungsfernen Schichten gleichzusetzen, ist absolut falsch", weiß Spiegelhalder aus seinem Schulalltag. "Ich sage immer: Es kommt nicht darauf an, wo ich herkomme, sondern was ich tue." So habe er schon Kinder gehabt, die am Anfang ihrer Grundschule kaum Deutsch konnten und danach aufs Gymnasium gingen und Juristen wurden. Aber auch bekannte Geesthachter drückten bei ihm die Schulbank, etwa der CDU-Fraktionsvorsitzende Sven Minge und Lauenburgs Bürgermeister Andreas Thiede. "Ich habe mich gefreut, beide später wiederzutreffen. Herr Minge wusste schon damals, dass er Politiker werden wollte." Stolz ist Spiegelhalder auch auf seinen Einsatz am Beckenrand: "Ich habe mehr als 1000 Kindern das Schwimmen beigebracht, denn mein Wunsch war immer, dass kein Kind als Nichtschwimmer die Grundschule verlässt."

Bald die Tage ohne Pausengong und Kinderlärm zu verbringen, das kann sich der angehende Pensionär noch nicht so recht vorstellen. Aber Pläne gibt es bereits: "Ich möchte mich noch stärker im Ruderclub engagieren." Außerdem will der zweifache Vater und Opa Zeit mit seinen Enkeln verbringen. Denn von Kindern hat er auch nach 38 Jahren als Lehrer nicht genug.

"Ich sage immer: Es kommt nicht darauf an, wo ich herkomme, sondern was ich tue." Ingo Spiegelhalder, Schulleiter am Silberberg