Von Kim Nadine Müller

Geesthacht.
Etwa jeder dritte Deutsche spielt einmal pro Woche Lotto. Nach Angaben von Lotto Hamburg sind es in diesen Tagen deutlich mehr, denn mit 31 Millionen Euro ist der Jackpot für die Ziehung 6 aus 49 so hoch wie seit September 2009 nicht mehr. Doch heute kommt das Geld unter den Hammer - so oder so. "Wenn der Jackpot über zwölf Ziehungen hinweg nicht geknackt wurde, muss er beim 13. Mal ausgeschüttet werden", erklärt Petra Schulz, Sprecherin von Lotto Hamburg. Gibt es niemanden, der sechs Richtige und die Superzahl hat, bekommt den Pott derjenige mit "nur" sechs Richtigen. Gibt es auch den nicht, teilen sich alle, die fünf Richtige haben, das Geld und so weiter.

Vor 37 Jahren hat Olaf Fries eine Lottoannahmestelle an der Bergedorfer Straße eröffnet. "Damals gab es noch einen Durchschlag mit Kohlepapier, und die Scheine wurden von hier nach Kiel gefahren", erzählt Sohn Oliver Fries, heute Inhaber von Zigarren Fries.

Bei seiner Lotto-Annahmestelle im Sky-Center nehmen Christina Minge und Kollegin Marion Grell einen Tipp nach dem nächsten entgegen. "In dieser Zeit spielen fast doppelt so viele wie sonst", hat Minge beobachtet. "Einige fangen erst an zu spielen, wenn im Jackpot mindestens 20 Millionen Euro sind", ergänzt Marion Grell. Doch es gebe auch viele Stammspieler, die regelmäßig ihren Tipp abgeben. "Sie spielen über Jahrzehnte immer wieder die gleichen Zahlen", so Minge.

Zu ihnen gehört Werner Böckmann. "Als ich aufgehört habe zu rauchen, habe ich angefangen, Lotto zu spielen", erzählt der 78-jährige Geesthachter. Das war vor 16 Jahren. Gewonnen habe er bisher nur an Erfahrung und ein paar kleine Beträge. "Aber das macht nichts, sonst wäre das Geld in Rauch aufgegangen." Außerdem freut er sich immer auf den Besuch in der Annahmestelle: "Da kann ich nett mit Leuten klönen." Sollte ihm das Glück dieses Mal gewogen sein und er tatsächlich den Jackpot absahnen, würde der Rentner das Geld an seine Kinder und Enkel verteilen: "Auf jeden Fall würde ich den Gewinn nicht an die große Glocke hängen."

Anders als Werner Böckmann ist Katja Boelter Gelegenheitsspielerin: "Eigentlich spiele ich nur hin und wieder mal - unabhängig von der Gewinnsumme." Die 49-Jährige ist gläubige Christin und in der Elim-Gemeinde aktiv. "Wenn ich gewinnen würde, würde ich den größten Teil der Gemeinde spenden. Denn von dem Geld kann man gute Jugend- und Seniorenarbeit machen. Außerdem würde ich ein Haus kaufen, den Kindern eine Wohnung und meiner Freundin eine neue Einbauküche. Die wünscht sie sich sehnlichst", lacht Boelter.

Sigrid Franke (75) ist gezielt zur Lotto-Annahmestelle gekommen, weil der Jackpot so hoch ist. Sie träumt: "Wenn ich gewinne, fahre ich nach Grönland, ich möchte Eisberge sehen."

Die Chancen für einen Gewinn sind allerdings mit 1:140 Millionen mehr als gering. Doch laut Lotto-Forscher Mark Lutter wissen die Spieler, dass sie aller Voraussicht nach nichts gewinnen. "Es geht um Fantasien", sagte er gegenüber der Tageszeitung "taz". "Die Menschen stellen sich vor, sich alles leisten zu können. Sie träumen von einem besseren Leben."

Auf Walid Alkorben und Khanas Bachour trifft das jedenfalls zu. Sie füllen auf ihrem Schein ein Kästchen aus. "Wenn wir gewinnen, möchten wir Kindern in Syrien helfen." Vor einem Jahr sind sie aus dem von Krieg verwüsteten Land geflohen und leben nun in Geesthacht - mit der Hoffnung auf eine bessere Zukunft im Herzen und auf dem Lotto-Schein.