Geesthacht/Schwarzenbek
(bz).
Es bestand eigentlich Grund zu großem Jubel am 4. Juli des vergangenen Jahres. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hatte im WM-Viertelfinale Frankreich 1:0 bezwungen und das Halbfinale erreicht. Doch anstatt purer Fanfreude gab es eine Eskalation der Gewalt beim obligatorischen Fantreffen nach Spielende auf der Aral-Tankstelle an der Geesthachter Straße gegen 23.40 Uhr.

Warum, weiß niemand. Zahlreiche Menschen, darunter auch mehrere Polizeibeamte, wurden während einer Massenschlägerei verletzt. Gestern musste sich ein 29-jähriger Geesthachter vor dem Schwarzenbeker Amtsgericht unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigung und Sachbeschädigung verantworten. Richterin Insa Oppelland hatte zahlreiche Zeugen geladen und verurteilte den Angeklagten schließlich zu 1000 Euro Geldstrafe und 1000 Euro Schmerzensgeld.

Christopher N. wurde vorgeworfen, auf einen am Boden liegenden Mann eingetreten zu haben und dann, als ihn Polizist Benjamin H. daran hindern wollte, auch den 32 Jahre alten Beamten angegriffen zu haben. H. war nach dem Vorfall ein halbes Jahr lang in Behandlung.

Der 29-jährige Angeklagte erörterte seine Version. Er könne sich nur noch daran erinnern, dass sein Freund Dominik K. regungslos am Boden gelegen habe. Als er sich kniend oder hockend dem Opfer genähert habe, sei er von hinten gegriffen worden. Durch Benjamin H., den er aber nicht als Polizist erkannt haben will. N. holte zu einem Schlag aus, den die Schutzweste des Polizisten abfederte. Danach, so N., könne er sich erst wieder an den Moment erinnern, als er mit Handschellen im Streifenwagen saß.

Polizist H. schilderte den Vorfall hingegen in aller Deutlichkeit. Er sei mit drei Kollegen auf die Tankstelle gekommen, nachdem eine Massenschlägerei gemeldet worden war. Jeder habe versucht, sich um die am Boden liegenden Opfer zu kümmern. So wie um Dominik K.: Den wollte H. vor dem in seinen Augen noch laufenden Angriff durch N. schützen. "So eine Gewalt habe ich vorher noch nie erlebt", erklärte H. im Gericht. Trotz des Einsatzes von Pfefferspray und der Anfahrt mit Blaulicht und Martinshorn sei "der Mob" nicht auseinander gegangen. "Dich Scheiß-Bullen mach ich platt", soll N. gerufen haben, bevor er H. attackierte. Der wich zurück, setzte seinen Schlagstock ein, konnte N. aber nicht bändigen. Auch, weil sich die Menge mit den Schlägern gegen die Polizeibeamten solidarisierte, so H. gestern vor Gericht. Die Beamten forderten Verstärkung an und hatten die Situation durch den Einsatz von 40 Polizisten erst nach eineinhalb Stunden beruhigt.

Nach sechs Stunden Verhandlungsmarathon sah es die Richterin als erwiesen an, dass N. den Beamten angegriffen hatte und sprach ihr Urteil. In einem anderen Fall hatte Oppelland einen Angeklagten der Fan-Ausschreitungen zu einer Geldstrafe in Höhe von 300 Euro verurteilt. Der hatte im Rahmen der Massenschlägerei einen Beamten in den Schwitzkasten genommen und diesen dabei verletzt.