Von Timo Jann

Geesthacht.
Überraschende Entwicklung im Falle der beiden IS-Anhängerinnen und des toten Vaters Ercan B.: Eigentlich sollte sein Leichnam Mittwoch in Istanbul im Familienkreise beerdigt werden. Nach der Trauerfeier in der Geesthachter Moschee an der Berliner Straße wurde der Sarg zum Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel gefahren, von dort hätte der Leichnam nach Istanbul überführt werden sollen. Auf Anordnung der Lübecker Staatsanwaltschaft wurde der Flieger, in dem auch Angehörige mitreisen wollten, jedoch kurz vor dem Start aufgehalten, der Sarg entladen.

"Ich wurde direkt am Gate abgefangen", sagt Sedat Kirac. Der Cousin wollte dem Vater von Ece B. bei der Beerdigung die letzte Ehre erweisen.

"Wenn wir so etwas machen, dann haben wir dafür auch einen Anlass", erklärt Günter Möller, Sprecher der Lübecker Staatsanwaltschaft auf Anfrage unserer Zeitung. Zu den Hintergründen wollte er sich nicht äußern: Es hätte neue Hinweise gegeben, denen man nachgehen musste.

In der Lübecker Gerichtsmedizin wurde der Körper von Ercan B. daraufhin obduziert. Ursprünglich war der Leichnam nach dem vermeintlichen Selbstmord des 50-Jährigen von den zuständigen Behörden schon freigegeben worden.

Der Familienvater aus Geesthacht wurde vergangenen Sonntag in seiner Wohnung tot aufgefunden. Seine 18-jährige Tochter Ece B. war Anfang Juni zusammen ihrer Billstedter Freundin Merve S. (17) nach Istanbul ausgereist, um sich von dort aus der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) in Syrien anzuschließen.

Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft alle Untersuchungen abgeschlossen. Ergebnis: Ercan B. hat sich selbst getötet. "Wir haben keine Hinweise auf ein Fremdverschulden feststellen können", so Möller gestern. Man habe aber alle anderen Möglichkeiten erst ausschließen müssen.

Jetzt könne der Leichnam nach Istanbul überführt und dort im Kreis seiner Familie beigesetzt werden. Gibt es keine weiteren Komplikationen, wird Ercan B. am heutigen Donnerstag in der Millionenmetropole beerdigt.

Im Fall der nach Syrien ausgereisten Ece B. (18) und ihrer minderjährigen Freundin Merve S. ermittelt das Landeskriminalamt (LKA) Schleswig-Holstein weiter auf Hochtouren. "Wir befragen momentan das nähere Umfeld der beiden verschwundenen Mädchen", so LKA-Sprecher Stefan Jung.