Von Christoph Brix

Geesthacht.
André Kaufmann kloppt gern Skat. Deswegen hat der 20-Jährige im Oberstadttreff als eine seiner ersten Amtshandlungen eine Skat-Gruppe gegründet. "Das ist ja das Tolle an dieser Arbeit, man kann seine Vorlieben in unser Betreuungsangebot einbringen", sagt Thomas Vagedes, Leiter des Mehrgenerationenhauses. Seit 1. August vergangenen Jahres ist Kaufmann Bufdi. Das Akronym steht für Teilnehmer des Bundesfreiwilligendienstes (BFD), dem Nachfolger des zum 1. Juli 2011 abgeschafften Zivildienstes.

Anders als Generationen von Wehrdienstverweigerern hat sich Kaufmann freiwillig auf die Stelle im Oberstadttreff gemeldet. "Ich brauchte eine Pause zwischen Abitur und dem Beginn meiner Ausbildung", so der ehemalige Schüler der Alfred-Nobel-Schule (ANS). Im Juni 2014 hatte er seinen Abschluss in der Tasche, zum 1. August trat er sein BFD-Jahr an. Während Freundin Patricia (19) nun in Rostock Germanistik und Archäologie studiert, spielt der Bufdi mit Kindern der Krabbelgruppe, kocht für den Mittagstisch oder beantwortet Fragen beim Handy-Treff.

"Bereut habe ich meine Entscheidung bisher nicht", so der Bufdi. Bereits in der 11. Klasse wusste der ambitionierte Tennisspieler des TC Geesthacht, dass er sich für den ehrenamtlichen Dienst bewerben wird. Sein Plan: Neben dem Studium als Tennislehrer arbeiten. Kaufmann: "Da wollte ich vorher sehen, ob mir die Arbeit mit unterschiedlichen Menschen Spaß macht." Und das muss sie auch: Für seine Arbeit bekommt der 20-Jährige ein Taschengeld von 357 Euro vom Berliner Familienministerium. Er lebt noch bei seinen Eltern.

Momentan sind von den drei Bufdi-Stellen im Oberstadttreff zwei besetzt. Während Kaufmann mehr in der Betreuung arbeitet, kümmert sich Kirsten Gümüsdere (52) um das Büro. Anders als andere Freiwilligendienste wie das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) steht der BFD auch älteren Bewerbern offen - zum Beispiel für den Wiedereinstieg in den Beruf nach der Kinderpause. Die freie Stelle wird besetzt, für Kaufmann wurde bereits ein Nachfolger in der Betreuung gefunden.

"Wir müssen allerdings aktiv um Bufdis werben", sagt Vagedes. Hinzu kommt: Aktuell sind in Deutschland 220 000 Bufdi-Stellen gemeldet, allerdings sind die finanziellen Mittel auf 167 Millionen Euro begrenzt - das reicht umgerechnet für rund 36 000 Stellen.

"Besonders die Ü27-Stellen haben ein sehr kleines Volumen. Da wird es schwer, sich rechtzeitig anzumelden", so Vagedes. Die Gelder werden altersabhängig gestaffelt immer zum neuen Haushaltsjahr freigegeben. Vagedes: "Das erschwert die Projektplanung deutlich." Deswegen hat der Oberstadttreff-Chef Kaufmanns Nachfolger bereits im Dezember 2014 eingestellt. Aktuell sucht das Mehrgenerationenhaus einen Ü27-Nachfolger für Gümüsdere zum 1. Januar 2016.

Beruflich hat das BFD-Jahr für Kaufmann keine Konsequenzen. "Ich hab' gehört, dass manche Firmen das als negativ ansehen, weil man ja quasi ein Jahr nichts getan hat", so der 20-Jährige. Doch manche, aber nicht alle Universitäten erkennen das Jahr als zwei Wartesemester an. Er selbst hat das nicht erlebt, im Herbst beginnt er ein duales Studium zum Bauingenieur in Lübeck.