Von Timo Jann

Geesthacht.
Wer in Geesthacht einen Wasseranschluss hat, bekommt einmal im Jahr Post von den Stadtwerken. Detailliert wird der Wasserverbrauch abgerechnet - und auch die Gebühren für die Abwasserentsorgung in Rechnung gestellt, obwohl dafür der städtische Abwasserbetrieb und nicht die Stadtwerke zuständig ist. Doch für den Kunden ist das praktisch und transparent, der Stadt erspart dies einen enormen Aufwand. Dennoch will der Abwasserbetrieb die Zusammenarbeit mit den Stadtwerken beenden - und künftig lieber selbst Gebührenrechnungen verschicken, weil das seit Jahren übliche Prozedere als nicht rechtssicher gilt. Außerdem erwartet Frank Meyer, der Leiter des Abwasserbetriebs, trotz der Mehrarbeit Kosteneinsparungen in Höhe von 30 000 Euro pro Jahr. Ob das in der Praxis tatsächlich machbar ist, darüber diskutiert am Montag (18 Uhr, Rathaus) der Bauausschuss.

Bisher liefern die Stadtwerke das Trinkwasser - und ermitteln damit für jeden Verbraucher gleichzeitig die Abwassermenge. Ist kein zusätzlicher Zähler installiert, entspricht diese dem gelieferten Frischwasser. Ableser der Stadtwerke kommen ohnehin ins Haus der Kunden, die Daten werden erfasst, die nötige Rechnung erstellt. Die Stadt zahlt für diese Dienstleistung 115 000 Euro. Doch so einfach geht es laut Meyer nicht mehr. Das Landesverwaltungsgesetz nennt enge Grenzen für den Fall, dass eine Person des Privatrechts (die Stadtwerke) für einen kommunalen Betrieb (hier der Abwasserbetrieb) Gebührenbescheide erlässt. "Mittlerweile haben einheitlich mehrere Oberverwaltungsgerichte und selbst das Bundesverwaltungsgericht die Gebührenerhebung durch Dritte, zum Beispiel durch die Stadtwerke, grundsätzlich infrage gestellt", schreibt Meyer in der Ausschussvorlage. Meyer hat den Dienstleistungsvertrag mit den Stadtwerken bereits vorsorglich zum 31. Dezember 2015 gekündigt. Ab 2016 soll der Abwasserbetrieb die Gebührenbescheide selbst versenden.

Und das hat umfangreiche Folgen für Stadt und Verbraucher: Der Abwasserbetrieb muss eine Software anschaffen, Personal einstellen und sich vor allem die nötigen Verbrauchsmengen von den Kunden beschaffen - durch eigene Ableser oder Nachfrage bei jedem einzelnen Kunden. Möglich, dass dann freiwillige Angaben vom tatsächlichen Verbrauch abweichen und die Abwassermenge plötzlich viel geringer als bisher ausfällt. Diesen Effekt hat der Abwasserbetrieb bereits bei der Erfassung der sogenannten Regensteuer erlebt, bei der Hausbesitzer die Größe ihrer unbebauten Flächen freiwillig angeben sollten. Da diese zu gering ausfielen, lässt die Stadt die Angaben jetzt per Flugzeug überprüfen.

Trotz der Erfahrungen hält Meyer eine Halbtagsarbeitskraft für die neuen Aufgaben für ausreichend - die Kosten für Software, Erhebung und Personal beziffert er auf 85 000 Euro im Jahr. Damit würde sein Betrieb sogar jährlich 30 000 Euro einsparen.

Bei den Stadtwerken löst diese Rechnung Verwunderung aus: "Ich halte den Ansatz des Abwasserbetriebs nicht für sehr realistisch", berichtet Michael Bernitz, Prokurist der Stadtwerke. "Ich weiß nicht, ob man vonseiten des Abwasserbetriebs wirklich überblickt, welche Infrastruktur man für die Verwaltung der gut 7000 Kunden vorhalten muss und wie groß diese Aufgabe ist", sagt er. Auch bei den Parteien sorgt der Ansatz hinter vorgehaltener Hand bereits für Kritik - so wird der Vorstoß vermutlich noch ausführlich in den Fraktionen diskutiert, bevor es einen Beschluss gibt.