Von Christoph Brix

Geesthacht
. Chlorhühnchen, Hormonfleisch oder Genmais - immer wieder tauchen neue TTIP-Horrorszenarien auf. Doch welche Inhalte konkret beim transatlantischen Freihandels- und Investitionsabkommen TTIP zwischen der Europäischen Union und den USA besprochen werden, bleibt weitgehend geheim. Auch über das CETA-Abkommen mit Kanada ist so gut wie nichts bekannt, obwohl der Vertrag nur noch auf die Unterschriften wartet.

"Diese Nicht-Transparenz macht mir Angst", sagt Andreas Köppe (Grüne). Deswegen hat seine Fraktion in der Ratsversammlung am Freitag einen Antrag für einen Appell an die EU-Kommission gestellt. In dem Sechs-Punkte-Papier wird unter anderem mehr Transparenz, der Verzicht auf die Investorenschutzregelung oder internationale Schiedsgerichte gefordert.

"Ich war mir nicht sicher, ob Bürgervorsteher Samuel Bauer nicht ins Gefängnis muss, wenn er diesen Punkt auf der Tagesordnung lässt", scherzte CDU-Fraktionsvorsitzender Sven Minge. Hintergrund: Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags kommt in einem Gutachten zu der Auffassung, dass Stadt- und Gemeinderäte sich weder mit den Freihandelsabkommen beschäftigen noch einen Beschluss dazu fassen dürften. "Der Gemeinde kommt keine Kompetenz zur Befassung mit allgemeinpolitischen Angelegenheiten zu", heißt es in dem Gutachten. Tut sie es doch, wäre dies ein Rechtsbruch. Auch appellative Stellungnahmen müssten "in spezifischer Weise ortsbezogen" sein.

"Dazu haben wir eine abweichende Auffassung", sagt Matthias Wohltmann, Beigeordneter beim Deutschen Landkreistag. Natürlich dürften sich Kommunalpolitiker nicht direkt mit den Freihandelsabkommen beschäftigen, aber in manchen Punkten seien die Kommunen in ihren Kernkompetenzen betroffen. "Dann ist eine Beschlusskompetenz vorhanden", so Wohltmann. Außerdem sei es besser sich jetzt zu äußern, als wenn es zu spät sei.

Dieser Meinung waren auch die Geesthachter Ratsmitglieder: Sie stimmten für den Appell. Ob der Beschluss der Ratsversammlung nun Konsequenzen haben wird, bleibt abzuwarten. Wohltmann: "Mir ist kein einziger Fall bekannt, wo die Kommunalaufsicht einen Appell beanstandet hat." Dem Deutschen Landkreistag liegen bisher an die 60 Beschlüsse gegen die TTIP- und CETA-Verhandlungen vor.