Escheburg/Lübeck
(tja).
"Ich schäme mich sehr, ich kann nicht begreifen, warum ich das getan habe." Unerwartet offen schilderte Kim M. aus Escheburg gestern zum Prozessauftakt gegen ihn wegen der Brandstiftung auf ein Asylbewerberheim in Escheburg, was ihn angetrieben hatte. Staatsanwältin Anne Bobeth wirft dem 39 Jahre alten Finanzbeamten vor, am 9. Februar um die Mittagszeit einen Brandanschlag auf ein Doppelhaus verübt zu haben, in das am nächsten Tag sechs irakische Flüchtlinge einziehen sollten. Ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft.

M. bekannte sich vor dem Lübecker Landgericht zu der Tat. Die Vorsitzende Richterin Helga von Lukowicz versuchte durch gezielte Fragen, seine Darstellung einer spontanen Handlung zu erschüttern. M. soll kurz zuvor gegenüber Nachbarn gesagt haben, in das Haus würde am nächsten Tag garantiert niemand einziehen.

Am Mittwoch, fünf Tage vor der Tat, hatte M. von seinem Nachbarn erfahren, dass das Amt das Holzhaus an der Straße Am Golfplatz als Flüchtlingsunterkunft für bis zu zwölf Menschen herrichtet. M. lebt mit Frau und Tochter (4) direkt gegenüber. "Wir hatten keinerlei Infos. Man kann doch nicht so eine wichtige Entscheidung treffen und die Bürger nicht informieren", sagte M. gestern. Donnerstagnachmittag nutzte er die Sprechstunde bei Bürgermeister Rainer Bork, forderte Aufklärung. Die bekam er angeblich nicht: "Der Bürgermeister saß in seinem Sessel, sagte nichts und ließ es eskalieren." Freitagmorgen zogen M. und seine Nachbarn zur Leitenden Verwaltungsbeamtin Brigitte Mirow nach Dassendorf. Die Aussagen von Brigitte Mirow, dass der Einzug am nächsten Tag wegen der hohen Zahl an Flüchtlingen unumgänglich sei, empfand M. als "enorme Provokation", wie er vor Gericht erklärte. Er sei es gewohnt, nicht einfach so "über den Bürger rüberzubügeln", wie er es in Dassendorf erlebt habe, so der Finanzbeamte.

Er habe Angst um seine Frau und seine kleine Tochter gehabt. Auf den Hinweis, dass es auch gebildete Ärzte unter den Flüchtlingen gibt und diese doch nicht grundsätzlich kriminell seien, entgegnete M., dass die "schiere Masse der einzelnen Männer" Angst verbreitet habe.

Die Zerstörung einer Fensterscheibe durch Unbekannte sei für ihn "eine Art Genugtuung" gewesen. Er sei schließlich in den Keller gegangen, um, einen Hammer zu holen und auch die innere Scheibe der Wärmeschutzverglasung zu zertrümmern. "Fatal", so M., sei es dann gewesen, dass er draußen im Carport auf dem Weg zum Nachbarhaus einen Kanister mit Pinselverdünnung entdeckt habe. Und dann waren da auch noch Zündhölzer. Der 39-Jährige wurde Augenblicke später vom biederen Finanzbeamten zum Brandstifter.

Er habe "wie in Trance" gehandelt. Danach flüchtete M. mit seinem Wagen. Erst zum Einkaufen nach Neu-Börnsen, dann zu Ikea, später holte er seine Tochter ab und fuhr erneut zu Ikea. Sein genetischer Fingerabdruck an Streichhölzern und Kanister überführte ihn schließlich. Der verursachte Schaden beläuft sich auf knapp 20 000 Euro. Das Haus wurde nach dem Brand renoviert, Ende März zogen die ersten Flüchtlinge ein.

"Ich schäme mich sehr." Angeklager Kim M. vor Gericht.