Von Christoph Brix

Börnsen
. Donnerstagabend: Auf einem Sondergipfel in Brüssel beschließen die EU-Staaten ein stärkeres Engagement gegen Schlepperbanden im Mittelmeer, in der Börnsener Waldschule diskutierte Schleswig-Holsteins Innenminister Stefan Studt (SPD) bei den "Frühlingsgesprächen" mit Vertretern der Kreis-SPD und der Kommunen die aktuelle Flüchtlingssituation.

"Wie sich die Tragödien im Mittelmeer auf die immer wieder nach oben korrigierten Flüchtlingszahlen auswirken wird, kann keiner sagen", so Studt. Dass die Welle der Kriegsvertriebenen dennoch gut in den Städten und Kommunen aufgenommen würde, sei vor allem den freiwilligen Helfern zu verdanken, so der Innenminister. Darüber herrschte allgemeiner Konsens. Allerdings: "Wir müssen aufpassen, dass wir das Ehrenamt nicht überlasten", so Geesthachts SPD-Fraktionsvorsitzende Kathrin Wagner-Bockey. Ein Einwand, den Studt nachvollziehen kann, in Kiel wird bereits über eine Anhebung der Ehrenamtspauschale diskutiert, sagt er.

Und nicht nur die vielen Helferkreise kämpfen mit dem Anstieg der Asylsuchenden: "Bei uns in der Verwaltung kümmern sich zwei Mitarbeiter vom Sozialamt und drei vom Ordnungsamt um die Probleme und Sorgen von über 100 Flüchtlingen", so Ulrich Hardtke, Amtsvorsteher des Amtes Sandesneben-Nusse. Nun sei auch noch sein Sozialamtsleiter krank geworden. Auf den Kosten für zusätzliches Personal bleiben die Kommunen sitzen.

Studt verwies auf den 8. Mai - bei einem kleinen Gipfeltreffen in Berlin wollen Bund und Länder den Schulterschluss suchen, um die Kommunen zu entlasten. Dazu hat Studt auch schon konkrete Ansätze: Unter anderem soll die Gesundheitsversorgung zu 100 Prozent vom Bund übernommen werden. Wenn ein Asylsuchender momentan krank wird, gleicht der Besuch beim Arzt einem bürokratischen Hindernislauf. "Und soll der Bund dies nicht übernehmen, wird Schleswig-Holstein eine eigene Gesundheitskarte einführen", so der Innenminister. Außerdem will er sich für die Öffnung der Sprachkurse einsetzen. Ein Vorschlag, dem Erich Bünger, Bürgermeister aus Sandesneben, nur aus vollem Herzen zustimmen kann: "Wir haben hier eine Familie aus Nordirak, die spricht nur Kurmandschi." Seine Bitte: Von oben nach unten mehr Information, um besser helfen zu können.

Für Studt ein generelles Problem der Flüchtlingspolitik: die Zeiträume von der Erstaufnahme bis zur Zuteilung in die Gemeinden seien zu kurz. "Zahlreiche Flüchtlinge verbringen gerade einmal 14 Tage in der Erstaufnahme in Neumünster", so Studt. Viele würden bereits den Kreisen zugeteilt, ohne dass ihr Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bearbeitet sei. Deswegen müssten die Kapazitäten in den Erstaufnahmen ausgebaut werden, sodass jeder Flüchtling dort für mindestens sechs Monate einen Platz hat. "Dann hat man genug Zeit, genügend Informationen zu sammeln, um vernünftig in die Kreise und Kommunen aufteilen zu können", so Studt. Zurzeit prüft das Land die Übernahme der Polizeiwohncontainer vom G7-Gipfel.