Abendspaziergänge: Die Vogelwelt im Wald entdecken

Sie hat wieder begonnen, die ganz besondere "Konzertreihe". Hohe, kurze und lange Töne erklingen in den Wäldern. Einen Dirigenten gibt es nicht - Vögel sind für das Trällern, Zwitschern und Tirilieren zuständig.

Es ist Mittwoch. Eine Gruppe Vogelbegeisterter schart sich um Herbert Bahr. Bahr ist einer von sechs Vogelkundlern, die über den Naturschutzbund Geesthacht (Nabu) vom Waldfriedhof aus Abendspaziergänge zum Kennenlernen der heimischen Vogelwelt anbieten. Die Gruppe erreicht den Waldweg zum Pumpspeicherwerk. Blätter rascheln unter den Füßen. Nach wenigen Minuten werden die Straßengeräusche leiser. Der Frühling ist zu hören.

Das Gemecker einer Amsel ertönt. Mit Ferngläsern vor den Augen versucht die Gruppe, den gefiederten Sänger ausfindig zu machen. Dann wird der Piepmatz erspäht, gut versteckt zwischen den Ästen einer Tanne.

"In den letzten 30 Jahren hat sich der Bestand der heimischen Singvögel stark reduziert. Bei einigen Arten wie etwa der Feldlerche ist der Bestand sogar um 70 Prozent zurückgegangen. Schlimm hat es das Rebhuhn getroffen, diese Art ist sogar um 90 Prozent zurückgegangen", zählt Bahr auf, der die Industrie, aber auch Monokultur als Ursache für das Vogelsterben sieht. "Raps und Mais machen die Natur tot", sagt Bahr.

Großvögeln ist es besser ergangen. Der Bestand der Kraniche hat um 50 Prozent zugenommen. Gänse und Seeadler kommen hierzulande inzwischen viel häufiger vor. "Das hängt mit den Schonzeiten zusammen", so Bahr.

Inzwischen umrundet die Gruppe das Pumpspeicherwerk, von der Anhöhe aus erstreckt sich die weite Geestlandschaft - ein schöner Anblick. Die Abendsonne taucht das Gelände in ein goldenes Licht. Der Frühling erwacht deutlich, an den Wegesrändern sprießen die ersten kleinen Blumen aus der Erde, ein Schmetterling flattert durch die Abendsonne. An den Bäumen hängen zwar noch keine Blätter, dank der noch kargen Äste sind die kleinen Gesangskünstler aber einfacher auszumachen. Auch einige Wintergäste wie etwa der Bergfink sind noch anzutreffen. "Sobald es wärmer wird, fliegen sie nach Skandinavien", erklärt der Vogelkundler.

Auch nach vielen Jahren kommen die Vogelliebhaber immer wieder ins Staunen. Wie etwa Marita Just (61) aus Geesthacht, die eine Begegnung mit einem Gartenrotschwanz noch in schöner Erinnerung hat. Klaus Radun (55) schwärmt hingegen von dem Eisvogel. Der Glinder nimmt regelmäßig an den Spaziergängen teil. "Es gibt überall andere Gebiete, das macht das Beobachten besonders interessant", sagt Radun. Über einen schmalen Waldweg huscht plötzlich ein Fuchs - eine unerwartete Stippvisite, die Vogelbeobachter dennoch erfreut.

Inzwischen wird das Licht schummrig. Die Gruppe macht sich auf den Rückweg. Mit nach Hause nehmen alle die Erinnerung an einen Streifzug durch die wunderschöne Natur. Wer die heimische Vogelwelt kennenlernen möchte: Die Spaziergänge starten jeweils mittwochs um 18.30 Uhr auf dem Parkplatz am Waldfriedhof. Weitere Infos: www.nabu-geesthacht.de