Turmsanierung: St. Nikolai-Kirche erhält neue Kupferplatten - Böse Überraschungen sorgen für steigende Kosten

Wenn Guido Hein und Bernd Miesner, Bauklempner der Firma Bade aus Bad Bevensen, an ihren aktuellen Arbeitsplatz wollen, geht es per Aufzug in bis zu 38 Meter Höhe: Die beiden Experten decken den Kirchturm der St.-Nikolai-Kirche in Hohenhorn derzeit neu mit Kupferplatten ein.

"Das ist eine extrem zugige Ecke mit scharfem Wind hier", berichtet Hein, als er auf der Unterkonstruktion die Montagepunkte der Kupferplatten markiert. Die Kirche steht an einem besonders hohen Punkt. Die exponierte Lage führte im 19. Jahrhundert dazu, dass der Göttinger Mathematiker Carl Friedrich Gauß den Ort zum östlichen Fixpunkt in seinem Vermessungsnetz bestimmte. Am Hohenhorner Kirchturm kann man noch heute den von Gauß festgelegten gusseisernen Messpunkt sehen.

Doch hoch oben erhält der Turm jetzt ein neues Gesicht. Im Zuge der dringend notwendig gewordenen Sanierung wird der Kirchturm komplett neu eingedeckt. "Die Dachdecker sind sehr tapfer, dass sie bei diesem Wetter so gut durchhalten", lobt Architektin Christine Fust die Arbeiter aus Bad Bevensen. Sie haben schon die Bergedorfer Kirche St. Petri und Pauli sowie den Hamburger Michel neu eingekleidet.

In der Werkstatt werden mehr als 100 Kupferplatten und die nötigen Keile und Kehlen für die Ecken der Kirchturmspitze vorgefertigt. Jedes Teil hat eine Nummer, die den genauen Platz zur Montage festlegt. "Die Platten werden vorgerichtet", erklärt Miesner. An den Enden werden Falze angelegt, die die Bauklempner auf der Baustelle dann über sogenannte Halfter legen. Die Halfter aus Edelstahl werden auf der Schalung, die auf der tragenden Holzkonstruktion befestigt ist, angebracht. Mit ihren Spezialwerkzeugen schließen Miesner und Hein die Falze dann so stabil, dass es von außen wirkt, als hätten die Kupferplatten keine Befestigung. Hunderte Meter Falz müssen sie an der Kirchturmspitze anbringen.

Die Kosten der Turmsanierung sind mittlerweile deutlich höher, als ursprünglich von der Gemeinde kalkuliert. "Wir waren anfangs von 336 000 Euro ausgegangen, jetzt liegen wir bereits bei 420 000 Euro", berichtet Pastorin Christel Rüder. "Im Turm haben uns einige Überraschungen erwartet", begründet Christine Fust die Kostensteigerung. Mehrere tragende Balken waren verrottet, mussten aufwendig gekappt und neu verstärkt werden. Einige Kanthölzer wurden durch Öffnungen im Mauerwerk komplett neu eingezogen. "Das alles ist in dieser Höhe natürlich ein Kraftakt", sagt die Architektin. Doch der Turm gilt jetzt wieder als standsicher, die Dacheindeckung kann problemlos erfolgen.

Läuft alles glatt, soll die Turmspitze am 3. März ihre neue Krönung erhalten. In der alten Kugel auf der Turmspitze wurden nach der Abnahme am 4. November nicht nur Reste alten Papiers gefunden, innen klebten auch noch historische Münzen. "Wir haben sie untersucht, eine Münze stammt von Wilhelm von Preußen aus dem Jahr 1861", berichtet Helmuth Schlingemann. Der Architekt aus Börnsen unterstützt die Kirchengemeinde bei den Arbeiten. Schlingemann: "Es hat sich gezeigt, dass diese Münzen wohl aus einer früheren Krönung übernommen wurden. Wir stecken sie auch in die neue Krönung wieder rein und legen noch Münzen aus dem Jahr 2014 sowie eine Dokumentation über den Umbau dazu. Es wird sicher 100 Jahre dauern, bis wieder jemand in die Turmkörnung schaut."

Die St.-Nikolai-Kirche wurde 1825 bis 1827 an einen alten Turm als neues Kirchenschiff angebaut, 1865 bis 1867 wurde der alte Turm abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Seitdem hat die Kirche ihre heutige Form. In diesem Jahr soll auch noch das Kirchenschiff saniert werden.