Komasaufen: Jugendarbeit setzt auf Integration und Vertrauen - Problematische Gruppen “gesprengt“

Als Erdem Dogac vor sieben Jahren mit seiner mobilen Jugendarbeit in Geesthacht begann, war das Problem des exzessiven Trinkens an mehreren Plätzen greifbar. Am ZOB, auf dem Menzer-Werft-Platz, auf Spielplätzen - bis zu 200 Jugendliche, die zum Teil aus Bergedorf oder Lauenburg fürs Wochenende zugereist waren, trafen sich regelmäßig zum "Komasaufen", ein bundesweiter Trend. "Damals", so Dogac, "war es ziemlich extrem mit der Sauferei". Doch das war einmal - mittlerweile gibt es diese bedenklichen Treffen nicht mehr.

Dogac schaffte es, diese "Gruppen zu sprengen", wie er es nennt, und problematische Jugendliche aus den Säufergangs herauszulösen. "Ich habe ihnen Vertrauen geschenkt und sie in Langzeitprojekte gesteckt. Die Ideen kommen dann von ihnen, ich helfe bei der Umsetzung." Die einstigen Problemkinder wurden mit der Organisation und Realisierung von Kartrennen oder Bowlingturnieren beauftragt.

Manchmal half aber auch die Konfrontationsmethode, um vom Alkohol wegzukommen: Über ein Mädchen wurde ein Internetvideo verbreitet, das die damals 16-Jährige im Vollrausch in einer sehr unpässlichen Situation auf einer Parkbank zeigt. "Ich habe mit ihr darüber gesprochen, ob sie dies noch einmal miterleben möchte", erzählt Dogac. Schon löste sich die Jugendliche aus dem schlechten Umfeld.

Die Entwicklung, die in Geesthacht so positiv verlief und dazu führte, dass es in der Stadt keine einschlägigen Sauftreffs mit Jugendlichen mehr gibt, lässt sich auch bundesweit belegen. Das Statistische Bundesamt veröffentlichte Zahlen für die Altersgruppe Zehn- bis 19-Jähriger, unter denen ein Rückgang um 12,8 Prozent auf 23 267 Behandlungen im Krankenhaus wegen Komasaufens zu verzeichnen ist (2012: 26 673).

Allerdings sagen diese Daten auch: Jeder fünfte Jugendliche betrinkt sich mindestens einmal im Monat. "Grundsätzlich", so sagt es der Diplom-Sozialpädagoge Christoph Schmidt von der Sucht- und Drogenberatung Südstormarn, "ist die Tendenz beim Komasaufen unter Jugendlichen leicht rückläufig." Dafür gibt es Gründe - zum Beispiel engagierte Jugendarbeit wie in Geesthacht, Anti-Drogen-Kampagnen der Bundesregierung und Elterngespräche. Auch einen Wandel im Denken stellte Suchtexperte Schmidt fest. "Insgesamt ist das Gesundheitsverhalten besser geworden, die Jugendlichen achten mehr auf ihre Ernährung." Auch das Bewusstsein der gesundheitlichen Folgen von exzessivem Alkoholgenuss im Pubertätsalter sei gestiegen.

Suchtexperten sind sich aber im Klaren, dass mehr als 23 000 Fälle im Jahr immer noch zu viele sind. Gruppenzwang sowie Probleme im Elternhaus oder in der Schule sind vielfach Gründe, warum Jugendliche exzessiv zur Flasche greifen.