Trainingsraum: Schule und Sozialdienst erproben Projekt

Es ist nicht mehr zeitgemäß, störende Schüler aus dem Unterricht zu werfen, sie den Rest der Stunde auf dem Gang verbringen zu lassen und das Fehlverhalten mit einem Eintrag ins Klassenbuch zu dokumentieren. Heutzutage heißt die Devise nicht mehr Bestrafung, sondern Reflektion. Die Bertha-von-Suttner-Schule macht's in Kooperation mit dem Verein für Soziale Dienste St. Salvatoris vor und schiebt das Projekt "Trainingsraum" an.

In diesem Trainingsraum müssen die Schüler keine Liegestütze oder sonstige körperliche Anstrengungen leisten, um ihren Rauswurf auszugleichen. Angela Heesch, Koordinatorin des Klassenstufe 5 und 6, erklärt das Konzept: "In dem Raum versuchen wir gemeinsam mit den Schülern, das Fehlverhalten zu reflektieren. Ziel ist es, dass nach der Besprechung die Schüler wieder in den Klassenraum zurückkehren, um gewinnbringend und regelmäßig am Unterricht teilzunehmen."

In der Praxis funktioniert das System so: Nach der dritten Ermahnung während einer Stunde schicken die Lehrer die Störenfriede in den Trainingsraum. Dort werden sie von einem Lehrer und einem assistierenden Mitarbeiter des Sozialen Dienstes erwartet, die gemeinsam einen Plan zur Rückkehr in den Unterricht entwickeln. Zunächst mit einem roten Zettel: "Dort besprechen wir, was die Kinder falsch gemacht haben, indem sie eine von acht Kategorien ankreuzen", sagt Anette Meemann-Busch, Mitarbeiter von St. Salvatoris. Permanentes Schwatzen, Aufstehen mitten im Unterricht, Sachen von Mitschülern durch die Gegend schmeißen - das sind typische Vergehen. Als nächster Schritt in der reflektorischen Kette wird dann der gelbe Zettel "Mein Plan zur Rückkehr" ausgefüllt. Bis letztlich der grüne Zettel bearbeitet wird. Störenfriede entwickeln also schriftlich Alternativen zu ihrem Verhalten. Dann geht es zurück in den Klassenraum.

Die Leiterin des Vereins St. Salvatoris, Christina Imholte, nennt den übergeordneten Trainingszweck: "Schulen müssen immer mehr Konflikte lösen. Den Kindern ist nicht klar, was sie tun und wie sie es anders machen könnten."

Seit Oktober läuft das Projekt in der Schule mit Anschubfinanzierung durch die Glücksspirale. "Unser Verein flankiert nur, die Hauptarbeit führen die Lehrer durch", betont Christina Imholte. Mit Erfolg: "Wir haben gute Erfahrungen gemacht, die Schüler haben ihr Verhalten geändert. Unser langfristiges Ziel ist es, die Kinder auch sozial auf ihrem Weg zum Schulabschluss zu stärken", sagt Koordinatorin Angela Heesch.

Der Besuch des Trainingsraums ist für Schüler kein Zuckerschlecken, schließlich werden nach dem dritten Mal die Eltern benachrichtigt, nach dem sechsten Mal dann zum Elterngespräch gebeten. Der Raum sei außerdem kein Ort, sich unangenehmer Schüler zu entledigen, betonen die Projektbeteiligten.