Aufregung: Arbeiter legen ohne Vorankündigung elf kranke Bäume um

Aufregung und Entsetzen gestern bei den Passanten in der Fußgängerzone: Elf Bäume wurden bis zum Mittag gefällt. Eigentlich sollten es für die Umgestaltung der Fußgängerzone in den kommenden Jahren nur fünf Bäume sein, die der Kettensäge zum Opfer fallen. Wenige Minuten, nachdem die Aktion startete, kamen erste aufgeregte Passanten in unsere Redaktion und fragten nach der Rechtmäßigkeit der Arbeiten. Kurz darauf kursierten auch erste Bilder und kritische Kommentare in den sozialen Netzwerken.

Sechs Bäume mehr als geplant mussten gefällt werden, weil sie nach Einschätzung von Experten wie Baumgutachter Thomas Kowoll vom Institut für Baumpflege schlichtweg keine langfristigen Überlebenschancen gehabt hätten. Dazu gehören vier bereits von der sogenannten Pseudomonas-Krankheit (aus Holland eingewandertes Bakterium, das sich in der Rinde festsetzt) befallene Kastanien. "Diese Bäume müssten in spätestens fünf Jahren ohnehin gefällt werden, weil sie dann nicht mehr standsicher sind. Es wäre unsinnig, jetzt das neue Pflaster aufwendig um die Bäume herumzubauen", sagte er.

Kowoll war bei der Aktion dabei, um mit aufgebrachten Bürgern zu diskutieren. Doch die Passanten gingen lieber direkt ins städtische Umweltamt - und in unsere Redaktion. "Die Bäume sind gesund. Das sieht man doch", erboste sich eine Geesthachterin. Und ein Passant meinte: "Jetzt sieht man erst, wie die Bäume die Blicke von den hässlichen Fassaden ferngehalten haben."

Neben den vier von Bakterien befallenen Bäumen wurden zwei weitere Kastanien gefällt, die am Stamm massive Schäden durch das Anfahren von Fahrzeugen hatten. Auch zwei Mehlbeeren wiesen diese Schäden am Stamm auf - und fielen der Kreissäge zum Opfer. Zwei Baumhaseln sind vertrocknet, ein Ahorn hatte ebenfalls Stammschäden. Nach Mitteilung der Stadt wurden die Bäume zwischen 1972 und 1997 gepflanzt.

Über das Für und Wider der Bäume in der Fußgängerzone hatten sich Politiker, Bürger und Ingenieure jahrelang gestritten. Die Kontroverse war bei der vorletzten Kommunalwahl vor sieben Jahren mit ein Grund für den Mehrheitswechsel im Rathaus: Für SPD, Grüne und Linke hatte der Baumerhalt absolute Priorität. Das kostete CDU und FDP 2007 ihre Mehrheit.

Das ist auch heute noch das Bestreben der Politiker. "Ersatzpflanzungen für die gefällten Bäume werden angestrebt", hatte Jürgen Pflantz vom städtischen Umweltamt den Mitgliedern im Umweltausschuss angekündigt. Aber erst einmal kreischte gestern zwischen 8 und 12 Uhr die Kettensäge. Vor allem im Bereich zwischen "Zigarren Fries" und "Speisekammer" wirkt der Eingriff wie ein Kahlschlag. Das befallene Holz wurde zur Entsorgung abtransportiert, um das ansteckende Bakterium zu eliminieren. Das restliche Holz wird im Bauhof verheizt.