Selbstversuch: Tine Wittler redet über das Dicksein

"Auf Partys fühle ich mich mitunter wie ein Nilpferd unter Flamingos", bekennt die Moderatorin und Autorin Tine Wittler selbstironisch. Die schwergewichtige und wohl gerundete 41-Jährige entspricht so gar nicht den Standards für deutsche Bildschirmschönheiten. Dennoch läuft ihre Show "Einsatz in vier Wänden" bereits seit zehn Jahren erfolgreich im Fernsehen, und auch an Zugkraft hat Wittler offensichtlich nichts verloren.

Bei ihrer Lesung am Mittwochabend in der Geesthachter Stadtbücherei drängten sich 200 - fast ausschließlich weibliche - Besucher im voll besetzten Saal. Ernst zu nehmende Gewichtsprobleme hatte kaum eine Zuhörerin, dennoch zog der Stoff über die dicken Frauen von Mauretanien (Westafrika, südlich von Marokko) die Damen in ihren Bann.

Doch die Materie ist ernst. "Schnelles Abnehmen ist gefährlich. Viele Frauen riskieren ihre Gesundheit, um einem Schönheitsideal zu entsprechen", warnte Gesa Häsler, Leiterin der Volkshochschule Geesthacht, die die Lesung unter dem Motto "Wer schön sein will, muss reisen" gemeinsam mit Büchereileiterin Susanne Schmidt organisiert hatte. Doch das genaue Gegenteil ist in Mauretanien der Fall. Dort werden Frauen traditionell gemästet - unter anderem mit Kamelmilch -, um möglichst dick zu werden. Das beginnt schon im Kindesalter. Da Lebensmittel teuer und die Mauretanier arm sind, steigen viele Frauen auf spezielle Wachstumspräparate für Kamele um. Die Pillen sorgen für Gesundheitsschäden und Bewusstseinsveränderungen, die bis hin zum Schwachsinn führen können. Tine Wittler hat Mauretanien mit einem Kamerateam besucht und unter schwierigen Bedingungen über die Gesundheitsgefahren durch das Mästen berichtet.

"Ich habe in seinem Selbstversuch an einer Mästung teilgenommen. An einem Tag habe ich unter anderem sechs Liter Kamelmilch getrunken. Es war wie eine Folter, ich wurde durch die Milch wochenlang krank, weil ich die Inhaltsstoffe nicht gewohnt war", so die Schauspielerin.

Sie warnte ausdrücklich davor, unbedingt einem Schönheitsideal entsprechen zu wollen - egal wie es aussieht. "Gerade in bildungsfernen Schichten sehen junge Frauen oft die einzige Möglichkeit, über ihr Aussehen zum Erfolg zu kommen", sagte sie. "Wir geben so viel Geld aus, um schön zu sein, dass wir die Summe selbst mit dem ganz großen Durchbruch nicht wieder reinbekommen."

Am Ende gab's für die Autorin großen Beifall und es blieb die Erkenntnis, dass es gar nicht so wichtig ist, schlank zu sein.