Pumpspeicherwerk: Neues Gutachten könnte zur Stilllegung führen - Fische durch Ansauganlage gefährdet

Ob das in Norddeutschland einmalige Pumpspeicherwerk in Geesthacht eine Zukunft hat, wird immer fraglicher: Erst vor wenigen Tagen hatte der Energiekonzern Vattenfall angekündigt, die 1958 erbaute Anlage stillzulegen, wenn eine größere Reparatur ansteht (wir berichteten). Nun kommt eine neue Hiobsbotschaft - diesmal vom Kieler Energieministerium. Es geht um eine Einschränkung der Nutzungsrechte für das Elbwasser - mit dem Ziel, den Fischbestand zu schützen.

Hintergrund ist ein 2013 gestartetes Gutachterverfahren mit dem etwas sperrigen Titel "Prüfung des Standes der Technik zum Schutz von Wasserlebewesen bei der Wasserentnahme durch das Pumpspeicherwerk Geesthacht". Das von unabhängigen Experten erstellte Papier kommt nun zu dem Ergebnis, dass das Pumpspeicherwerk im normalen Betrieb mit seinen leistungsstarken Pumpen den Fischbestand in der Elbe bedroht.

Als "Fischschredder" hatte das Pumpspeicherwerk bereits im Jahr 2011 Schlagzeilen gemacht, nachdem Umweltverbände auf die Gefahr des Ansaugens von Fischen ins Maschinenhaus aufmerksam gemacht hatten. Ein Jahr nach Inbetriebnahme (2010) der wenige Kilometer elbabwärts gelegenen Fischtreppe hatte der Nabu kritisiert, dass Vattenfall das Kraftwerk ohne Fischschutz unter Volllast angefahren hatte. Vattenfall sah sich dazu gezwungen, das jetzt vorliegende Gutachten in Auftrag zu geben. Der Naturschutzbund (Nabu) Hamburg hatte gefordert, die seit mehr als 50 Jahren laufende Anlage umgehend mit einem Fischschutz nachzurüsten und sie bis dahin vom Netz zu nehmen.

"Der Weiterbetrieb ohne Fischschutz konterkariert alle Bemühungen zum Schutz der Elbe und zur Entwicklung der wertvollen und sensiblen Elbelebensräume inklusive der Wiederansiedlung des Lachses", kritisierte Hamburgs Nabu-Vorsitzender Alexander Porschke.

Vattenfall hatte für 20 Millionen Euro die Fischaufstiegsanlage am Stauwehr als Ausgleichsmaßnahme für das Kohlekraftwerk in Moorburg errichtet. Unbestritten wandern jetzt verstärkt Fische elbaufwärts. Doch unklar ist, ob die sich tatsächlich so nah am Einlaufbauwerk des Pumpspeicherwerks aufhalten, dass sie beim Betrieb der Pumpen in Gefahr geraten.

"Die Fachleute des Umweltministeriums, die die Gutachtenerstellung begleitet haben, akzeptieren die Ergebnisse. Die Fachleute hatten festgestellt, dass die im Bereich des Pumpspeicherwerkes gefährdeten Fischarten aufgrund ihrer geringen Größe nicht mit technischen Anlagen zurückgehalten werden können", sagte Nicola Kabel, die Sprecherin des Ministeriums von Umweltminister Robert Habeck (Grüne) auf Anfrage. Ziel müsse es sein, das Pumpspeicherwerk im Betrieb des sogenannten hydraulischen Kurzschlusses zu fahren. Dabei wird Wasser, das aus dem Speichersee zur Stromerzeugung durch die drei Turbinen läuft, gleich wieder zurückgepumpt. "Bei dieser Betriebsweise werden die Fische nicht gefährdet, weil sie durch Turbulenzen vor den Einläufen verscheucht werden", so Nicola Kabel. "Die umfangreichen Untersuchungen über das Verhalten der betroffenen Fische, die über ein Jahr gelaufen sind, haben zu diesen Erkenntnissen geführt."

Die Ministeriumssprecherin kündigte an, dass demnächst Gespräche mit Vattenfall geführt werden sollen. "Die Auflagen wären wohl der endgültige Todesstoß für das Pumpspeicherwerk", sagte Vattenfall-Sprecher Stefan Müller in einer ersten Stellungnahme.

Das Aus für das Pumpspeicherwerk fürchtet nach dem Ergebnis des Gutachtens auch der Geesthachter CDU-Politiker Sven Minge, der dem Energieausschuss der Stadt vorsitzt. "Damit beerdigt Herr Habeck das Pumpspeicherwerk Geesthacht. Das ist ja ein toller Beitrag zur Energiewende, den der Umweltminister hier leistet", sagte Sven Minge in seiner ersten Reaktion.