Bakterium bedroht die Bäume - Bereits ein Verdachtsfall

"Vielleicht kommt es so, dass unsere Kinder ihren Kindern nur noch erzählen können, was sie alles Tolles aus Kastanien gebastelt haben und wo früher die Kastanienbäume standen", sagt Dirk Pretzsch. Der städtische Baumkontrolleur und sein Kollege Robert Motzkus sind alarmiert. Denn immer mehr eingeschleppte Krankheiten machen den typischen heimischen Baumarten zu schaffen. Die Kastanie etwa ist neben der bekannten Kastanienminiermotte jetzt auch von einem aus Indien stammenden Bakterium bedroht, dem Pseudomonas syringae.

An der Schmiedestraße gibt es bereits einen ersten Verdachtsfall, und auch sonst halten die Kontrolleure bei ihrer Arbeit die Augen offen. Besonders dramatisch wäre es, wenn die Kastanienallee entlang der Berliner Straße erkranken würde. "Ein Baum, der von dem Pilz befallen ist, muss im Folgejahr gefällt werden", sagt Pretzsch. Bisher sind vor allem Fälle bekannt, bei denen die rot blühenden Kastanien betroffen sind, die an der Berliner Straße blühen weiß. 60 bis 70 Jahre alt sind die an der B 5 stehenden Kastanien, unter denen Kinder im Herbst oft die Früchte sammeln und damit basteln.

Neben der Kastanienminiermotte, dem indischen Kastanien-Killer-Bakterium, dem Eichenprozessionsspinner, dem Brandkrustenpilz, der Linden befällt, und den Pilzen, die vor Jahren zu einem massiven Ulmen-Sterben geführt hatten, kommen immer neue Krankheiten in die Region.

"Das hängt mit dem Klimawandel und den milderen Temperaturen zusammen, in den südlicheren Bundesländern, in denen es schon wärmer ist als hier bei uns, ist die Lage schon viel schlimmer", berichtet Pretzsch. Er und sein Kollege besuchen regelmäßig Seminare, um sich über die aktuelle Lage zu informieren. "Es ist so, dass Baumschulen schon gar keine Kastanien mehr züchten" weiß Pretzsch.

So scheint es nur noch eine Frage der Zeit, wann die Kastanien ausgestorben sind. "Schon in einigen Jahren wird es bei uns keine Kastanien mehr geben", befürchtet Prof. Dr. Dirk Dujesiefken, der Leiter des Instituts für Baumpflege in Bergedorf. Die Pseudomonas-Bakterien greifen die Baumrinde der Rosskastanie an, sodass sich holzzerfressende Pilze im Baum festsetzen. Ein Gegenmittel gibt es bisher nicht. "Wir haben Forschungsbedarf, aber bevor ein Präparat zugelassen wird, vergehen in der Regel Jahre", bedauert Dujesiefken. Die Zeit dürfte nicht reichen.