Theorie: Van Dyke als Figur des Johannes

Die scheinbar unendliche Geschichte um die Entstehung des Hohenhorner Altarbildes "Die Beweinung Christi" ist nun um ein weiteres Kapitel reicher: Der neben Jesus und Maria dargestellte Johannes ist der Künstler Antonius van Dyke - zumindest die "Forschergruppe" um den Börnsener Architekten Helmuth Schlingemann ist davon überzeugt.

"Unklar ist weiterhin, wer das Bild gemalt hat", erklärt Schlingemann. Es dürfte aus der Feder von Peter Paul Rubens stammen - oder aus seiner Werkstatt. "Dann muss der Maler, falls es jemand anderes war als Rubens, aber Zugang zu dessen Original gehabt haben, denn die Proportionen passen ganz genau überein", berichtet Schlingemann. Ein nahezu identisches Bild von Rubens hängt in Wien, es wurde allerdings für eine Ausstellung beschnitten. Der Stil des Bildes, das auf vier acht Millimeter starken Tafelbrettern gemalt ist, war in der Zeit des Barock ein Novum. "Die Reduzierung auf nur drei Personen und dann die Nähe der Darstellung, das gab es so vorher noch nicht", sagt Schlingemann.

Die neue Theorie zu dem Altarbild stammt von Gesche Poggensee-Struck. Die Escheburger Kunstlehrerin besuchte einen Vortrag zu den bisher bekannten Hintergründen des Altarbildes und war sofort begeistert: "Ich habe mich dann daran gemacht, auch etwas zu dem Thema beitragen zu können", sagt die Kunstkennerin. Mit Erfolg: Bei ihren Recherchen fiel ihr die Ähnlichkeit von jugendlichen Selbstporträts van Dykes zu der Darstellung des Johannes auf dem Altarbild auf.

"Johannes war der Lieblingsjünger von Jesus, und van Dyke so etwas wie der Lieblingsschüler von Rubens. Das passt also", sagt die Escheburgerin. Als das Altarbild 2012 bei Gerold Ahrens in Lauenburg restauriert wurde, konnte ermittelt werden, dass das Holz der Tafelbretter etwa 400 Jahre alt ist. Es stammt damit aus der Zeit, als auch das Wiener Bild von Rubens gemalt wurde. Um auch den Maler ermitteln zu können, wollen Schlingemann, der ehemalige Archivar William Boehart, Pastorin Christel Rüder und jetzt auch Gesche Poggensee-Struck ihre Forschung zu dem Ölgemälde fortführen. Weitere Hinweise erhoffen sich die Experten von der Familiengeschichte der Vorbesitzer des Bildes: Poggensee-Struck hat ermittelt, dass die ältere Schwester von Frau Hestermann mit dem Kaufmann Gansland verheiratet war, der mit den Familien Souchay und Gädertz verwandt war. Jetzt hofft sie, im Lübecker Stadtarchiv weitere Hinweise zu finden, wie das Bild in deren Besitz gelangt war.